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Schweres Erdbeben für De Mita

Nach acht Jahren „Erdbebenhilfe“ in neapolitanischem Hinterland: Skandal um Hilfsgelder und Klientelwesen / Bank profitierte und Tausende leben noch immer in Notunterkünften  ■  Aus Rom Werner Raith

So schön hat sich für Italiens christdemokratischen Ministerpräsidenten und Parteichef Ciriaco De Mita das erste Jahr Regieren angelassen: nahezu alle ihm vom sozialistischen Koalitionspartner Bettino Craxi diktierten Vorhaben wurden verabschiedet und es gab kaum Abstimmungsniederlagen.

Doch nun holt der Regierungschef unversehens eine Geschichte ein, an die schon kaum mehr jemand gedacht hat: die Hilfsgelder für die 1980 von einem schweren Erdbeben betroffenen Bezirke im neapolitanischen Hinterland - just dort, wo De Mita selbst Wohnsitz und Parteibasis hat. Vorgesehen waren 1980 umgerechnet an die 35 Milliarden Mark zum Wiederaufbau, doch daraus wurden mehr als 100 Milliarden, ohne daß Parlament und zuständige Organe davon informiert waren. An Auswirkungen dieses Geldsegens ist allerdings kaum etwas zu sehen: Tausende von Familien hausen immer noch in Notunterkünften. Wo die Gelder aber hingeflossen sind, ist durchaus zu rekonstruieren.

Man kann es an der wunderbaren Vermehrung von Filialen der im Erdbebengebiet tätigen „Banca popolare D'Irpinia“ sehen, deren Zahl sich in den letzten acht Jahren verdoppelt und deren Umsatz sich vervierfacht hat. Grund: die Hilfsfondsgelder für die gebeutelten Gebiete wurden größtenteils auf diese Bank überwiesen und dort sozusagen „geparkt“, auf wundersame Weise gar nicht oder nur sehr zögernd abgerufen, so daß die Banker trefflich damit spekulieren konnten.

Dafür sorgte ein ausgeklügeltes System von Blockaden, die viele der vorgeschriebenen Projekte lange verzögerten oder gar unmöglich machten, ohne daß deshalb die Gelder wieder dem Staat zuflossen. Und diese Blockaden, so wollen inzwischen Oppositionelle wie die Kommunistische Partei und die Grünen herausgefunden haben, kamen vor allem aus den Reihen der Gefolgsleute von De Mita.

Auch der DC-Chef selbst mag ein Interesse am Gelderparken bei der Bank gehabt haben: Er und seine Familie sind im Besitz eines recht rentierlichen Pakets von Aktien der Banca Popolare. Mittlerweile haben auch die Regierungsparteien Bammel: Vier (der insgesamt 20) Anfragen im Parlament zu diesem Fall stammen aus den Reihen der Koalition. De Mita sucht inzwischen die Vorwärtsverteidigung und hat die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsauschusses befürwortet.

Freilich fragt sich mancher, warum dieser Skandal, der in Roms Politikerzirkeln längst bekannt war, gerade jetzt hochkommt. Politisch jedenfalls kommt er gerade rechtzeitig: In wenigen Wochen findet der Nationalkongreß der Christdemokraten statt, und da wollen De Mitas parteiinterne Gegner den Chef kräftig schwächen und wenigstens aus der Parteileitung entfernen.

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