piwik no script img

NS-Akten zurückgekauft

■ 780 Dokumente im Prozeß wegen Aktenklaus im Document Center wieder aufgetaucht / Militaria-Händler Hüsken kaufte Akten in Großbritannien

Berlin (dpa/taz) - 780 Dokumente, die zu den aus dem Berliner Document Center (BDC) gestohlenen Unterlagen gehören, schob der Hamburger Militaria-Händler Andre Hüsken gestern über den Richtertisch. Den verdutzten Richtern erklärte der Händler, er habe die Akten über einen Mittelsmann in Großbritannien gekauft. Hüsken ist wegen Hehlerei mitangeklagt. Er soll dieselben Dokumente zuvor von einem Berliner Militaria-Händler aufgekauft und ins Ausland weiterverkauft haben.

Außer Hüsken sind in dem seit dem 5.Dezember laufenden Prozeß noch die Militaria-Händler Henry Berger und Herbert Bormann aus Berlin wegen des Handels mit gestohlenen NS -Akten angeklagt. Hauptangeklagter, der die Akten aus dem Document Center herausgeschleust haben soll, ist der ehemalige Leiter der BDC-Fotoabteilung Alfred Darko. Ihm wird zur Last gelegt, zwischen 1983 und 1987 in mindestens 30 Fällen über 4.000 NS-Dokumente aus dem von den Amerikanern verwalteten Archiv hinausgeschmuggelt zu haben.

Darko hat bislang im Prozeß erklärt, er sei von Vorgesetzten dazu angestiftet worden und habe lediglich Pakete, die man ihm überreicht habe, an die Berliner Händler weitergeleitet. Die Staatsanwaltschaft ermittelt deshalb auch seit längerem gegen den ehemaligen stellvertretenden Direktor des Archivs, Wolfgang Eberhard.

Die bisherigen Zeugenvernehmungen weisen auf ein völliges Chaos im Document Center hin. In dem Archiv, daß sämtliche NS-Akten unter Ausschluß der Öffentlichkeit verwaltet, scheint niemand einen Überblick über die Bestände zu haben, so daß auch nicht geklärt werden konnte, in welchem Umfang und über welchen Zeitraum eigentlich Dokumente verschwunden sind. Nach den bisherigen Ermittlungen geht die Staatsanwaltschaft jedoch davon aus, daß die Akten ausschließlich aus kommerziellen Interessen gestohlen wurden.

J.G.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen