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Walle: Land unter

■ Deichverband warnt vor Hochwasserkatastrophen: Schutzanlagen in bremischen Häfen viel zu niedrig / Janssen: „Behörden scheuen die Kosten“

Die nächste Sturmflut kommt bestimmt. Fraglich ist bloß, ob Bremens Deiche dann halten. Zumindest über den Zustand der Hochwasserschutzanlagen in den bremischen Häfen macht sich der Bremer Deichverband größte Sorgen. Bei einem Rundgang durch die Kaianlagen im Übersee- und Europahafen haben Mitglieder des Deichverbands jetzt festgestellt, daß die Schutzanlagen um bis zu 80 Zentimeter zu niedrig ausgelegt sind. Deichhauptmann Gerold Janssen: „Bei einer Flutkatastrophe könnten die Wassermassen über die Hafenufer treten und würden sich durch die tiefer gelegenen Straßendurchfahrten ins Stadtgebiet ergießen. Gröpelingen und und

Walle ständen unter Wasser.“

Besonders drängend ist das Problem für den Deichverband seit Wümme, Ochtum und Hunte durch Sperrwerke vor Hochwasserkatastrophen geschützt sind. Das Wasser, das die drei Weser-Nebenflüsse bis zur Inbetriebnahme der Sperrwerke - z.B. bei der großen Flutkatastrophe 1962 - aufnehmen konnten, würde die Weser heute zusätzlich ansteigen lassen. In einem Brief an Bürgermeister Wedemeier hat der Deichverband deshalb „eindringlich vor den unabsehbaren Folgen“ einer erneuten Hochwasserkatastrophe gewarnt und eine „umgehende Lösung des Problems“ gefordert. Deichhauptmann Janssen: „Wir haben in den

letzten 12 Jahren einfach Glück gehabt, daß wir vor einer Flutkatastrophe bewahrt worden sind. Aber ich möchte nicht die Verantwortung übernehmen, wenn uns das Glück mal verläßt.“

Rundweg abstreiten mag man auch im Bremer Wasserwirtschaftsamt nicht, daß die Schutzanlagen in den Häfen höher ausgelegt werden müssen. Amts-Chef Hans-Dieter Bücken versteht allerdings trotzdem die Aufregung im Deichamt nicht so recht: „Das Problem ist überhaupt nicht neu. Die Entwürfe für eine Anpassung der Deichlinie sind bereits in Arbeit. Die entsprechenden Bauarbeiten sind für die 90er Jahre geplant.“ Eine akute Gefahr für die Bevölkerung

in Walle und Gröpelingen kann Bücken ohnehin nicht erkennen: Wenn wirklich alle Stricke reißen, könnten die Hafenanlagen in jedem Fall rechtzeitig durch Sandsäcke gesichert werden. Bücken: „Für den lieben Gott kann zwar niemand geradestehen, aber eine Sturmflut wie 1962 würden wir in Bremen gar nicht bemerken - dank der Sperrwerke, die jetzt das Bremer Umland an Wümme, Ochtum und Hunte schützen.“

Im Deichverband hört man die Versprechen gern, aber schon allzu lange: Janssen: „Bislang wur de das Problem immer wieder auf die lange Bank geschoben. Die Behörden scheuen wahrscheinlich einfach die Kosten.“

K.S.

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