: Standbild: Gott als Frau?
■ Der liebe Gott-wie sieht er aus?...wie Mann und Frau
(Der liebe Gott - wie sieht er aus? ... wie Mann und Frau, ZDF, Mittwoch, 11.1., 22.10 bis 22.40 Uhr) Es ist schon ein paar Jahre her, daß die Vertreterinnen der feministischen Theologie an dem traditionell männlichen Gottesbild kratzten und erklärten, Gott sei eigentlich eine Frau. Gott als Allmächtiger, als Herrscher, als Mann: Eigenschaften, die vornehmlich Männer für Gott in Anspruch nahmen und nehmen, Relikte aus einer Zeit, in der Frauen per definitionem „nichts in der Gemeinde zu sagen hatten“. Mittlerweile soll es sich auch in traditionellen Kirchengemeinden herumgesprochen haben, daß Gott auch weibliche Eigenschaften hat. Udo und Gisela Kilimann sind nach Essen-Vogelheim gefahren, um dort „ganz normale Essener Bürger“ nach ihren Gottesbildern zu befragen. „Früher bin ich nie in die Kirchen gegangen“, erzählt Kraftfahrer Joseph Jurzek. „Seitdem meine Frau Küsterin ist, engagiere auch ich mich in der Gemeinde. Wir haben seit kurzem ein Pfarrerehepaar, ehrlich gesagt, ich kann die Pfarrerin nicht ernst nehmen. Schon in der Bibel steht geschrieben, daß Gott männlich ist, und deshalb glaube ich, daß nur ein Mann die Bibel richtig auslegen kann. Frauen können das nicht.“
Große Worte. Wer aber nun glaubte, daß diese „Bekenntnisse eines Kapitäns der Landstraße“ Anlaß dazu gaben, alt eingesessene Gottesbilder kritisch zu hinterfragen, vielleicht auch Theologen und vor allem Theologinnen zu Wort kommen zu lassen, wurde enttäuscht. Kraftwerke und Alluminiumhütten, Landstraßen, Schrebergärten und Ruhrgebietshäfen wurden gezeigt, und die Stimme aus dem Off fragte süffisant: „Brauchen knallharte Männer einen knallharten Gott?“ Diese Frage blieb leider unbeantwortet. Statt dessen beobachtete das Ehepaar Kilimann interessiert die Frauenbibelstunde, die gerade dabei war, aus Ton nette Figürchen zu modellieren. „Gott als sanfter Wind, Gott als streichelnde Mutter: Nein, dieses Bild paßt nicht in unsere Zeit“, lautete der völlig aus der Luft gegriffene Kommentar. Standbilder von kämpfenden Soldaten wurden eingeblendet, Männer beim Bodybuilding, Frauen als Mütter: „Frauen wurden in der Kirchengeschichte glatt übersehen.“ In diesem Dokumentarfilm leider auch. Wenn die Kamera eher zufällig eine Frau einfing, dann nur, um zu zeigen, daß sich auch die Frauen der Evangelischen Gemeinde Essen-Vogelheim noch nicht allzuweit vom biblischen Bild der Frau entfernt haben: Frauen beim Häkeln und Stricken, Frauen beim Singen und Spielen, Männer auf der Landstraße, bei der Arbeit. „Männer sind zupackend, Frauen sind abwartend. Männer sind stark, Frauen sind schwach, Männer lieben die Freiheit, Frauen die Geborgenheit.“ Und Gott? Die Angaben waren wie immer ohne Gewähr.
Regina Keichel
Nächste Folge: 18.1., Der liebe Gott - wie sieht er aus? Wie die Geringsten!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen