piwik no script img

Endloskontroverse: REPs hetzen weiter im TV

■ Verwaltunsggericht verpflichtet SFB zur Ausstrahlung des umstrittenen Werbespots der „Republikaner“ / Kreuzberger Erzieherin erfolgreich gegen rechtsradikale Partei: Ihr Bild darf im Spot nicht gezeigt werden / AL-Rundfunkrätin problematisiert billigen Antifaschismus

Der umstrittene Wahlwerbespot der „Republikaner“ muß nun doch im SFB-Fernsehen gezeigt werden. Die 1.Kammer des Verwaltungsgerichts erließ am Mittwoch abend auf Antrag der rechstradikalen Partei eine einstweilige Verfügung gegen den SFB, wonach der Sender verpflichtet ist, den als volksverhetzend, ausländerfeindlich und ekelerregend kritisierten Spot zum zweiten Mal der Öffentlichkeit vorzuführen. Gestern abend flimmerte er in seiner ursprünglichen Fassung über den Bildschirm.

Im wesentlichen begründete das Verwaltungsgericht die Entscheidung mit dem Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Die öffentlich-rechtlichen Anstalten dürften Spots einzelner Parteien nur dann ablehnen, wenn der Inhalt der Sendung als evidenter Verstoß gegen die allgemeinen Gesetze, insbesondere gegen das Strafgesetz, anzusehen sei. Weiter hieß es in der Begründung: Die beiden Generalstaatsanwälte beim Kammergericht wie beim Landgericht hätten in ihrer Stellungnahme darüber hinaus deutlich gemacht, daß der Inhalt des Werbespots „mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Straftatbestand“ erfülle. Das sei aufgrund der Eilbedürftigkeit allerdings nur „grob“ nachgeprüft worden. Wenn jedoch bereits die beiden obersten Ankläger Berlins zu einer solchen Bewertung kommen, dann seien erhebliche Zweifel anzumelden, ob tatsächlich ein strafgesetzlicher Tatbestand gegeben sei. Der SFB hatte vor allem den Straftatbestand der Volksverhetzung geltend gemacht. Gegen die Entscheidung will er kein Rechtsmittel einlegen.

Unberührt davon bleibt die einstweilige Verfügung, die eine Kreuzberger Erzieherin gegen die Republikaner erwirkte. In deren Spot taucht sie zusammen mit einigen Kindern auf. Sie fühlt sich für eine „üble Wahlpropaganda“ mißbraucht und konnte erfolgreich das Recht auf das eigene Bild geltend machen. Bei einem Ordnungsgeld von einer halben Million Mark beziehungsweise einer bis zu einer halbjährigen Haftstrafe für den Landesvorsitzenden Andres darf die Passage mit ihrer Person nicht noch einmal gezeigt werden. Die „Republikaner“ jedoch wollen sich davon nicht schrecken lassen und haben dagegen Rechtsmittel eingelegt. Da sie gestern die Passage nicht mehr rausschneiden konnten, wird der Beitrag unverändert gesendet.

Die Ausstrahlung des „Republikaner„-Werbespots hat in der Stadt und im SFB-Rundfunkrat helle Empörung ausgelöst. Auf der Rundfunkratssitzung Anfang der Woche hatte sich die neue Rundfunkrätin der AL, Christiane Ziesecke für mehr Liberalität im Umgang mit den „Republikanern“ ausgesprochen. Die taz fragte sie nach den Gründen.

Christiane Ziesecke: Nein, ich habe nicht gegen ein Verbot und für mehr Liberalität im Umgang mit rechtsradikalen Parteien plädiert. Ich denke aber, daß man sich sehr davor hüten muß, in irgendgendeiner Weise Zensur auszuüben. Grundsätzlich muß man auch Meinungen gelten lassen können, die der eigenen Meinung nicht entsprechen. Das habe ich auf der Rundfunkratssitzung deutlich gemacht. Ich habe mir ja den Spot noch einmal angesehen, und nach meinem laienhaften Verständnis erfüllt er in der Tat den Straftatbestand der Volksverhetzung. Daher hab ich mich auch dafür ausgesprochen, ihn nicht noch einmal ausstrahlen zu lassen. Wenn man solche Sachen aber zu schnell verbietet, dann gibt es darüber auch keine offensive Auseinandersetzung mehr. Diesen Verdrängungsmechanismus halte ich für falsch.

Das ist weder hü noch hott.

Nein, das ist der Versuch, sich mit dem Problem differenziert auseinanderzusetzen. „Republikaner“, das hört sich für mich ganz demokratisch an. Aber man muß wissen, das ist eine neofaschistische Partei und die macht eine Art von Propaganda, die wirklich ganz raffiniert ist. Wenn die ein Hakenkreuz zeigen würden, würde das zwar verboten. Aber das wäre viel harmloser als das, was da eigentlich läuft. Ich fände es zum Beispiel gut, wenn der Spot in den Schulen gezeigt und darüber kontrovers diskutiert würde.

Da würden sich die „Republikaner“ aber über die kostenlose Werbung freuen, wenn das auch in den Schulen gezeigt wird...

Ja, ja, das ist im Rundfunkrat auch so diskutiert worden. Ich finde, das ist kein Argument. Es ist sogar richtig, daß die Aufmerksamkeit dafür größer geworden ist.

Deine Partei ist da ganz anderer Meinung. Die Entscheidung des SFB-Intendanten, den Spot nicht zu senden, bezeichnete sie als „selbstverständlich und längst überfällig“. Beginnt die neue AL-Rundfunkrätin ihre Laufbahn nun als Dissidentin?

(Lachen) Als Dissidentin weiß ich nicht, aber ich bin gerne bereit, mich darüber zu streiten. Es ist eine alte Politik zu sagen, wir sind sowieso die Antifaschisten, wir sind dagegen immunisiert, wir wollen das hier gar nicht sehen. Da es das aber gibt, nützt es nichts, das zu leugnen. Zu sagen, das ist ein „selbstverständlicher Beschluß“, das ist für mich die billige Form des Antifaschismus‘ und für uns heute keine politische Lösung.

Birgit Meding

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen