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Fuchs ins Rathaus - Grobecker ante portas

■ Der Grüne Ralf Fücks über den neuen Chef der Senatskanzlei, Andreas Fucks

Andreas Fuchs ist kein Selbstdarsteller, sondern ein Mann, dessen Ehrgeiz auf das verborgene, aber umso wirkungsvollere Handeln hinter den Kulissen der (Ohn-) Macht zielt: eine graue Eminenz. Fuchs ist ein klassischer „zweiter Mann“, loyal bis zur Selbstverleugnung, diskret, penibel, bienenfleißig und sachkompetent. Dieser Perfektionismus ohne eigene politisch-öffentliche Ambitionen prädestiniert ihn zum Kanzleichef für Wedemeier, der nichts mehr fürchtet, als das Sichtbarwerden einer überlegenen Kompetenz. Auch sein Pragmatismus, die sachzwang-orientierte und allen alternativen abholde Grundhaltung passen zu Wedemeier.

Liebhaber klassischer Musik, edler Weine und der bildenden Künste, frönt Fuchs seinen kulturellen Neigungen nicht auf dem Promi-Jahrmarkt der Eitelkeiten, sondern mit der Zurückhaltung des Großbürgers. Schunkeln mit Willi Lemke ist ebensowenig seine Sache wie der Feudal-Sozialismus seines Vorgängers.

Nicht nur deshalb ist er ein Fremdkörper im Aufsteiger -Milieu der sozialdemokratischen Staatskaste. Die Filzokratie der Kungel-Runden gilt ihm als lästiges Übel. Für den Bonn-Import Andreas Fuchs stimmen in Bremen die Proportionen der Gewaltenteilung nicht: die SPD mischt ihm zu sehr in Regierungsangelegenheiten mit und stört das „sachorientierte“ Verwaltungshandeln. Auch die Bremer Besonderheit der Deputationen, dieser Zwitter aus parlamentarischen Kontrollgremien und Verwaltungsausschüssen, paßt partout nicht in sein Politikverständnis. Er hat sich mit diesen Strukturen arrangiert, ohne seine Distanz zu verleugnen.

Der Finanzsenator wird den Positionswechsel seiner rechten Hand mit einem lachenden Auge sehen, gewinnt er damit doch einen Vertrauten in nächster Nähe Wedemeiers. Ging schon bisher keine ausgabenwirksame Politikentscheidung am Finanzressort vorbei, so verfügt Grobecker in Zukunft auch über einen kurzen Draht in die Senatskanzlei. Eine prominente Aufgabe des Neuen im Rathaus dürfte es sein, die steckengebliebene „Aufgabenkritik“ wieder in Gang zu bringen, d.h. die systematische Überprüfung der öffentlichen Dienstleitungen auf Einsparpotentiale. Man muß nicht im Kaffeesatz lesen, um vorauszusagen, daß mit Fuchs ein Finanzkommissar die zentrale Politikplanung koordinieren wird. „Haushalts Konsolidierung“ wird stärker noch als bisher zum Politikersatz.

Vielleicht entpuppt sich der neue Staatsrat in nicht allzuferner Zukunft als Quartiermeister Grobeckers im Rathaus. Auch für den nicht ganz unwahrscheinlichen Fall, daß die amtierende Bundesgeschäftsführerin der SPD, Anke Fuchs, 1990 Bundeskanzlerin werden sollte, ist Andreas Fuchs listig positioniert.

Ralf Fücks

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