piwik no script img

Lehr belehrt ZDF

■ Familienministerin kritisiert ZDF-Serie „Schwarzwaldklinik“

Eine kompetente Zuschauerin in Sachen populärer Seifenopern steht den bundesdeutschen Fernseh-Anstalten ins Haus: Ursula Lehr, gelernte Entwicklungspsychologin und neue Familienministerin, will es offenbar nicht zulassen, daß die TV-Familienserien dazu beitragen, mit Rollenklischees anderen Frauen das zu verbauen, was sie selbst geschafft hat: Karriere trotz Kindern.

Als erste erwischte es nun die Schwarzwaldklinik. Der Sohn von Chefarzt Brinkmann, „Benjamin“, flennte am Samstag minutenlang 19 Millionen Fernsehzuschauer an, die erst dann beruhigt waren, als seine Rabenmutter und Chef-Ehefrau ihren hochdotierten Job im fernen Konstanz aufgab und nach Hause zurückkehrte (nicht ganz an den Herd, denn da steht eine andere Frau, Frau Michaelis). Der regierungsamtliche Tadel dazu: „Die drastische Darstellung der Verhaltensstörungen des Benjamin Brinkmann und die kritiklose Zurückführung dieser auf die zeitweilige mütterliche Abwesenheit ist dazu angetan, negative Einstellungen gegenüber jungen berufstätigen Müttern zu erzeugen und damit diese selbst zu verunsichern.“

Verunsichert war man ganz offenbar auch beim ZDF. Die Schwarzwaldklinik-Redaktion machte auf taz-Anfrage geltend, es sei wieder mal ein klassischer Fall: Die Frau Ministerin habe eben die vorherigen Folgen nicht gesehen. Daraus ginge hervor, daß das Kind natürlich auch gelitten habe, weil der Chefarzt-Vater auch nicht jeden Abend im heimatlichen Schwarzwaldhaus verbringen konnte. Im übrigen wolle man unterhalten und keine vorbildhaften Lösungsmöglichkeiten aufzeigen. Vater Brinkmann, Benjamin, Frau Michaelis, Brinkmanns Hund und auch die taz-Lesergemeinde konnte die ZDF-Redakteurin aber beruhigen: Ausnahmsweise verriet sie, daß Frau Brinkmann schon am kommenden Samstag wieder ins Berufsleben zurückkehren wird - selbstverständlich „im näheren Umkreis“.

Ulli Kulke

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen