piwik no script img

Für den Abbau von Feindbildern

Gemeinsame Erklärung der evangelischen und katholischen Kirche in der DDR  ■ D O K U M E N T A T I O N

(...) Demgegenüber erkennen wir erste Ansätze zur Überwindung der Abschreckung in strikt defensiv orientierten Verteidigungsstrukturen und -strategien im Rahmen eines Konzeptes gemeinsamer Sicherheit. (...) Waffendienstleistende innerhalb eines eindeutigen Defensivsystems wären von dem moralischen Dilemma befreit, an der Drohung mit Waffen beteiligt zu sein, deren Anwendung ethisch niemals gerechtfertigt wäre.

Wehrpflichtige, die in der heutigen Situation den Wehrdienst verweigern und ihre Entscheidung vom Evangelium her begründen, leisten einen prophetischen Dienst und geben ein Zeugnis der Gewaltfreiheit. Sie handeln im Vorgriff auf eine zukünftige Weltfriedensforschung. Dabei sind sie durchaus bereit, nichtmilitärische Dienste für das Gemeinwohl zu leisten. Trotzdem stehen sie durch ihre Entscheidung bei uns zur Zeit noch außerhalb der geltenden Gesetzlichkeit. Sie müssen deshalb bereit und in der Lage sein, die strafrechtlichen Folgen auf sich zu nehmen. (...)

Wehrpflichtige, die den Wehrdienst ohne Waffe leisten und ihre Entscheidung aus dem Evangelium begründen, geben damit ein Zeichen für den Verzicht auf militärische Gewaltanwendung. (...) Wer Wehrdienst ohne Waffe leistet, muß wissen, daß er durch ein Gelöbnis rechtsverbindlich ubedingten Gehorsam verspricht. Moralisch bleibt er trotzdem für sein Handeln unter Befehl verantwortlich.

Wehrpflichtige, die den Wehrdienst mit Waffe zu leisten bereit sind, dürfen dies nur tun, um Krieg zu verhindern und Frieden zu sichern. Auch sie sollen sich für die Überwindung einer Friedenssicherung mit militärischen Mitteln einsetzen. (...) Wir erkennen die Aufgaben:

-Jeder, der Wehrdienst mit der Waffe leistet, soll sich um den Abbau von Feindbildern und Haß sowie um Überwindung jeder Form von Brutalität bemühen.

-Die Kirchenleitungen werden gebeten, sich darum zu bemühen, die erforderlichen Freiräume für Gewissensentscheidung der Soldaten zu sichern. Dies kann zugleich durch Initiativen in der weltweiten Ökumene geschehen. Dazu gehören: die Aufhebung der Rechtsentschuldigung des Befehlsnotstandes, die Abschaffung

-soweit noch vorhanden - des Standrechts und der Todesstrafe im Militärstrafrecht, die Einrichtung einer internationalen Anrufungsinstanz für Verweigerer von Befehlen, die im Widerspruch zum Völkerrecht und seinen allgemeinen Prinzipien stehen. (...)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen