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„Lieber konsequent verweigern...“

Interview mit Barbara Petersen vom „Büro für ungewöhnliche Maßnahmen“ zum Wahlboykottaufruf  ■ I N T E R V I E W

taz: Das „Büro für ungewöhnliche Maßnahmen“ ruft in einer Anzeigenkampagne zum Wahlboykott auf, weil der Wahlkampf eine „Beleidigung für alle denkenden Menschen“ sei. Ist das schon Grund genug, die Stimmzettel ungültig zu machen?

Barbara Petersen: Nein, das wäre als Argument natürlich viel zu wenig. Aber wir meinen, daß gerade dieser Wahlkampf hinter das Niveua vieler anderer zurückfällt. Es werden überhaupt keine Inhalte mehr transportiert, es wird überhaupt nicht mehr gesagt, worum es geht.

Aber wenn man zur Wahl geht, hat man doch nicht immer nur den Wahlkampf im Hinterkopf, sondern das, was die Parteien vertreten. Ist das denn dann ein Argument, zu sagen, dieser Wahlkampf ist eine Beleidigung und deshalb wählen wir nicht?

Der Punkt ist der, daß alle wissen, es wird sich nichts verändern, es wird sowieso alles beim alten bleiben. Und wenn das so ist und wenn alle Leute, auch die Politiker, das wissen, dann haben wir uns überlegt, daß es einfach sinnlos ist, zur Wahl zu gehen, zumal es einfach keine Partei gibt, die noch wählbar ist. Lieber konsequente Verweigerung als unkritisch seine Stimme abgeben, ist unsere Einstellung dazu.

Ihr sagt, Ihr wollt Euch um Eure Interessen selbst kümmern, so steht das jedenfalls in Eurer Anzeige. Wie stellt Ihr Euch das vor?

Ich denke, die Aktionen unseres „Büros für ungewöhnliche Maßnahmen“ haben des öfteren gezeigt, wie wir uns das vorstellen, das heißt, das, was wir wollen, auch auf die Straße tragen, daß wir Theater machen, Aktionen planen. Und es gibt neben dem, was wir machen, noch viele andere Formen, zum Beispiel publizistische.

'Der Tagesspiegel‘ behauptet ja, das Geld für Euren Wahlboykottaufruf stamme aus dem Etat des Kultursenats, von dem Ihr bei Theaterproduktionen unterstützt werdet. Stimmt das?

Diese Behauptung ist schlicht und ergreifend falsch. Er müßte sehr wohl wissen, daß diese Gelder nur vergeben werden, wenn man einen detaillierten Plan vorlegt, wo genau drin steht, was man genau mit diesem Geld machen will. Außerdem haben wir bisher noch keinen Pfennig von diesem Geld bekommen.

Ab wann ist die Wahl für Euch wieder attraktiv?

Also eines ist ganz klar, es gibt einen Haufen von Politikern, die nicht nur überflüssig, sondern unerträglich sind. Und solange derartige Gestalten in dieser Stadt Politik machen, und nicht nur in dieser Stadt, solange sind Wahlen unattraktiv.

Christine Berger

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