: Hausbesuch bei John
■ 30 Menschen plädierten bei der Ausländerbeauftragten für den Verbleib eines Jugendlichen und einer jungen Frau aus der Türkei
Gegen die bevorstehenden Abschiebungen des türkischen Jugendlichen Cetin Agir und der Türkin Hatice Peker protestierten gestern etwa 30 Menschen, u.a. Vertreter von ausländischen Interessengruppen, beim Büro der Ausländerbeauftragten. Dem in Deutschland geborenen Cetin Agir will die Ausländerbehörde keine Aufenthaltserlaubnis ausstellen, weil er vor einigen Jahren wegen diverser Diebstähle mehrfach straffällig geworden ist. Seine Eltern hatten damals beschlossen, ihn zu seinem in einem türkischen Dorf lebenden Großvater zu schicken. Während dieser Zeit lief jedoch noch ein Strafverfahren gegen Cetin, das dann aufgrund seiner Abwesenheit eingestellt wurde.
Der Großvater hatte an dem Jungen kein Interesse. Cetin kehrte auf eigene Faust zurück zu seinen Eltern nach Berlin. Hier gelang es ihm, einen Ausbildungsplatz bei einer Elektrofirma zu erhalten. Seine Mutter, die sich bei allen zuständigen Stellen der Stadt für den Verbleib ihres Sohnes einsetzt, appellierte gestern an das Mitgefühl des Mitarbeiters der Ausländerbeauftragten, Kayser. Der versprach, bei den Behörden „ein offenes Ohr zu suchen“. Wegen der früheren Straffälligkeit des Jungen sowie der noch offenen Gerichtsverfahren sieht er jedoch nur eine geringe Chance für eine Aufenthaltserlaubnis.
Etwas günstiger schien gestern die Situation um Hatice Peker zu stehen. Sie ist ein typisches Opfer türkischer Moralvorstellungen. Im Frühjahr 1987 zog sie zusammen mit ihrem Kleinkind im Rahmen des Familiennachzugs zum Ehemann nach Berlin. Die Ehe brach jedoch auseinander. Hatice zog zu den ebenfalls hier lebenden Schwiegereltern, die bereit sind, sich um sie zu kümmern. Aufgrund der Trennung wurde ihr von der Ausländerbehörde jedoch keine Aufenthaltserlaubnis ausgestellt. Ihre Familie in der Türkei lehnt es ab, Hatice wieder bei sich aufzunehmen, da sie eine alleinstehende Ehefrau mit Kleinkind als große Schande betrachtet.
E.K.
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