: Franz Schönhuber, Alleinherrscher
„Ich spüre die Aura des Sieges“, hatte der Chef der „Republikaner“, Franz Schönhuber, schon im Dezember 1988 kundgetan. Das Pathos ist dem 66jährigen ebenso zu eigen, wie deftige, volkstümliche Sprüche. Er bezeichnet die Wiedervereinigung als „göttlichen Auftrag“, fordert „lebenslänglich ohne Gnade für Dealer“ und appelliert an den „anständigen Deutschen“. Bei seinen Bierzeltauftritten klatschen sich die Besucher vor Begeisterung auf die Schenkel, sie applaudieren dem Mann, der ihnen scheinbar aus der Seele gesprochen hat. Spätestens wenn der „Chef“ den Dirigentenstock zum Defiliermarsch schwingt, bekommt er stehende Ovationen. Und während die Besucher mit leuchtenden Augen und roten Köpfen seine Versammlungen verlassen, zählen die Funktionäre der inzwischen auf 8.000 Mitglieder angewachsenen Partei die frisch ausgefüllten Eintrittsformulare.
Schönhubers Erfolgsrezept ist es, dem Volk aufs Maul zu schauen, an Ressentiments und dumpfen Stimmungen anzusetzen und in griffige Parolen und Formeln gegen die „etablierte Politik“ umzusetzen. Gelernt hat er dies von der Pieke auf. Seine ersten Sporen verdiente er sich als Sportreporter, dann als Kolumnist bei der 'Abendzeitung‘. Wenig später schaffte er es zum Chefredakteur der Münchener Boulevardzeitung 'tz‘, bevor ihn schließlich der Bayerische Rundfunk (BR) engagierte. Dort brachte er es schnell zum stellvertretenden Chefredakteur und Hauptabteilungsleiter. Seine Popularität im Freistaat verdankt er der Moderation der Sendung Jetzt red i Als Anwalt des „kleinen Mannes“ gegen die „satten Politiker“ avancierte Schönhuber mit diesem Wirtshaus-Diskurs zum Publikumsliebling.
In seinem Erstlingswerk, dem 1981 erschienenen Ich war dabei, verherrlicht Schönhuber seine Erlebnisse als Mitglied der Waffen-SS. Mit dem Buch, das derzeit in der 14.Auflage erscheint, wollte Schönhuber dokumentieren, daß er noch heute stolz auf seine Vergangenheit ist - wie das „deutsche Volk“, das endlich seinen Nationalmasochismus überwinden solle. Nachdem die 'Nationalzeitung‘ das Werk zum „Buch des Jahres“ gewählt hatte, flatterte Schönhuber die Kündigung des BR ins Haus.
Eine neue Heimat fand Schönhuber bei den „Republikanern“, die von den ehemaligen CSU-Bundestagsabgeordneten Franz Handlos und Ekkehard Voigt 1983 aus Protest gegen den von Franz Josef Strauß eingefädelten Milliardenkredit an die DDR gegründet worden waren. Ihren Anfangserfolg landeten die Partei mit 8,9 Prozent bei den Kommunalwahlen in Sonthofen 1984. 1985 übernahm Schönhuber die Parteispitze. Seitdem befinden sich die „Republikaner“ im Soge seiner Popularität im Aufwind.
Die Landtagswahlen 1986 in Bayern stilisierte die Partei zur „Durchbruchsschlacht“ hoch. „Wie eine hellodernde Flamme überzieht unser Wahlkampf das Land“, stellte damals Generalsekretär Harald Neubauer zufrieden fest. Sein Sprachjargon verrät seine Herkunft. Neubauer (36) war Mitglied der DVU und schrieb für die 'Nationalzeitung‘. Später trat er zur NPD über und war dort noch 1979 stellvertretender Bezirksvorsitzender in Oberbayern. „Aus dem Stand“, so Schönhuber, erzielten die „Republikaner“ im Freistaat 3,1 Prozent der Stimmen. 342.000 wählten sie. Doch schon kurz darauf stand die Partei vor einem Scherbenhaufen. Streit um Schönhubers Führungsstil und die Verwendung der Wahlkampfkostenrückerstattung in Höhe von 1,28 Millionen Mark ließen im Bundesvorstand die Fetzen fliegen. Hausverbote, Rücktritte und Strafanzeigen, Schlappen bei den Landtagswahlen in Bremen (1,2 Prozent) und Schleswig -Holstein (0,6 Prozent) folgten.
Ende 1987 hatte Schönhuber jedoch wieder alles im Griff. Mittlerweile sind die „Republikaner“ auf 8.000 Mitglieder angewachsen. Viele Polizisten, Beamte und Offiziere fühlen sich zu ihnen hingezogen. Schützenvereine und Feuerwehren holen sich den zugkräftigen Politiker Schönhuber für ihre Jubiläumsfeste. Nicht selten schauen dabei CSU-Würdenträger in die Röhre. In dem 250 Einwohner zählenden Ort Ranna in der Oberpfalz lud die Feuerwehr im September letzten Jahres zwei CSU-Staatssekretäre als Festredner wieder aus, damit Schönhuber zum Zuge kommen konnte. 1.500 Besucher füllten das Festzelt. Schnell funktionierte Schönhuber das Feuerwehrfest zur Wahlveranstaltung für die Europawahlen um. Er gab zu, daß die Europawahl für ihn lediglich eine „Wahl des Geldes“ sei, bei einem 2prozentigen Stimmenanteil fließen 2,5 Millionen Mark in die Parteikasse.
Ernst wird es dann in Bayern 1990. Dann wollen die Republikaner durchstarten. Schönhuber rechnet im Freistaat mit sieben Prozent der Stimmen.
B.Siegler/L.Koch
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