: Le Pen umwirbt Schönhuber für Europafraktion
Rechtsradikaler Brückenschlag über den Rhein / Französische Le Pen-Partei sucht Verständigung mit bundesrepublikanischen „Republikanern“ / Gemeinsame Fraktionsbildung im Europaparlament in Aussicht gestellt / Parteien betroffen von Berliner Wahlergebnis ■ Aus Paris Georg Blume
Franz Schönhuber, Chef der „Republikaner“, steht nicht allein auf weiter Flur. Jean-Marie Le Pen will ihm die Hand halten. Mit der Stimme ihres Generalsekretärs Carl Lang bot die Partei Le Pens, die französische rechtsradikale „Front National“, ihren bundesdeutschen Gesinnungsfreunden bei den „Republikanern“ politische Gespräche zwischen beiden Parteien an. Gegenüber der taz erklärte Lang am Donnerstag abend, daß seine Partei es darüber hinaus begrüßen würde, wenn sich Abgeordnete der Republikaner nach einem eventuellen Erfolg ihrer Partei bei den Europawahlen im Juni der von Jean-Marie Le Pen gegründete „Fraktion der europäischen Rechten“ im Europaparlament anschließen.
Sowohl Generalsekretär Lang als auch der Generalbevollmächtige der „Front National“, Bruno Megret, nahmen gegenüber der taz erstmals zum Wahlerfolg der „Republikaner“ in West-Berlin Stellung. Beide begrüßten das Wahlergebnis. „Trotz einer Verleumdungs- und Einschüchterungskampagne von seiten der Medien und aller politischen Parteien haben die Berliner Bürger frei ihren Willen zur Verteidigung der deutschen Identität ausgedrückt. Mit der Wahl der Bewegung der 'Republikaner‘ sprachen sie sich für die Lösung der Probleme der Arbeitslosigkeit, der Kriminalität und der Ausländer aus.“ Lang, der die Gemeinsamkeiten beider rechtsradikalen Parteien insbesondere bei der „Ausländerproblematik, der Verteidigung nationaler Identitäten und der nötigen Härte gegenüber dem Osten“ sieht, hofft nun „innerhalb der nächsten Monate, möglicherweise noch vor den Europawahlen, Arbeits-, Reflexions-, und Informationsbeziehungen mit den „Republikanern“ aufzunehmen“. Bruno Megret, der als Chefideologe seiner Partei gilt, fügte dem hinzu: „Der Erfolg der „Republikaner“ erfreut uns deshalb, weil wir uns in allen europäischen Ländern Partner wünschen, die den institutionellen Rahmen des Landes, die demokratischen Regeln und die freiheitlichen Grundrechte respektieren und gleichzeitig den Werten, die wir verteidigen, nahestehen.“ Solche Partner habe die „Front National“ bisher in der Bundesrepublik nicht gefunden.
Diese Begeisterung der Le Pen-Partei für die Wahlerfolge Schönhubers kann Beobachter indes kaum überraschen. Schönhuber hatte in Kommentaren zu den Wahlerfolgen Le Pens in Frankreich wiederholt seine Sympathie für die französischen Rechtsradikalen kundgetan. Le Pen unterhielt zwar bisher Beziehungen zu Großverleger Frey, dem Chef des NPD-Bündnispartner „Deutsche Volksunion“, doch erklärte Le Pen-Sprecher Bruno Megret jetzt, daß für seine Partei nunmehr Kontakte zu den „Republikanern“ vorrangig seien. Seine besten Beziehungen zum westeuropäischen Ausland unterhielt Le Pen bisher zu den italienischen Neofaschisten (MSI). Ein Abgeordneter der MSI, ein spanischer Parlamentarier und die zehn Europaabgeordneten der „Front National“ (FN) bilden derzeit im Straßburger Parlament eine Fraktion. Es steht in Frankreich außer Frage, daß die Le Pen -Partei bei den Europawahlen im Juni erneut die 5-%-Hürde nehmen und Abgeordnetenmandate gewinnen wird. „Gesetzt den Fall, daß die „Republikaner“ im nächsten Europaparlament Abgeordnete stellen, sind wir vollkommen der Auffassung, daß sie an unserer Europafraktion teilnehmen sollten“, betonte FN-Generalsekretär Lang.
Derweil reagierten Sozialisten und Gaullisten - nach anfänglicher Zurückhaltung - mit Betroffenheit und Sorge auf das Berliner Wahlergebnis. Schwer sei es, heute nicht an die Vergangenheit zu denken, befand der Sozialist Fuchs, Beauftragter seiner Partei für Europafragen.
Währenddessen warnte der außenpolitische Sprecher der Gaullisten, Rufenacht, die bundesdeutschen Parteien vor einer Zusammenarbeit mit den „Republikanern“. Für seine Partei, die Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit den rechtsradikalen Parteigängern von Le Pen hat, sagte Rufenacht, daß sich diese Kollaboration mit der „Front National“ nicht als die gute Methode bewährt habe“.
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