: AbonnentInnen-TV aus Frankreich
■ Bertelsmann und Canal Plus wollen neues Programm vor allem mit Gebühren finanzieren
Canal Plus, das ist Kino!“ lautete der zündende Werbespruch, als am 4.November 1984 der erste französische TV-Privatkanal auf Sender ging. Heute steht fest: „Canal Plus“ kommt auch in die Bundesrepublik. Letzte Woche wurde in Paris bekannt, daß sich Canal Plus und der bundesdeutsche Medienmagnat Bertelsmann zur Gründung einer „Canal Plus GmbH“ zusammengetan haben. Das neue, von französischer und bundesdeutscher Seite zu gleichen Anteilen gehaltene Unternehmen will schon im Frühjahr 1990 Canal-Plus-Bilder in die Wohnstuben zwischen Ems und Donau bringen. Für Canal -Plus-Chef Rousselet - einer der wenigen Unternehmer-Freunde Mitterrands, der in noch keine Börsenaffäre verwickelt ist handelt es sich bei dem Bertelsmann-Deal um ein unverhofft großes Exportgeschäft: „Umfang und Interesse dieser Unternehmung sind einzigartig für die deutsch-französische Zusammenarbeit auf wirtschaftlichen und kulturellem Gebiet“, jubelte Rousselet.
Mit Canal Plus zieht die nach in Frankreich herrschender Meinung gelungenste Variante französischen Privatfernsehens über den Rhein. Nächste Etappe auf dem Expansionskurs ist Belgien, wo ein Vertrag noch am Wochenende unterzeichnet werden sollte. Ein ähnliches Projekt ist für Spanien in Vorbereitung. Erfolgreich hat es das Unternehmen in den vier Jahren seiner Existenz geschafft, sich den Ruf eines Privatfernsehens höheren Niveaus zu schaffen. Das liegt vor allem an der Auswahl des Filmprogramms von Canal Plus, das sich nicht zu selten mit anspruchsvollen und erst kürzlich erschienenen Kinostücken schmückt, die zudem nicht von Werbespots unterteilt werden. Ansonsten aber bietet Canal Plus TV-Gewöhnlichkeiten: Morgens dürfen die Kinder bereits Zeichentrickfilme schauen, und einmal im Monat gibt es einen Porno frei ins Haus.
Für Canal Plus muß der TV-Konsument allerdings einen sendereigenen Spezialadapter für etwa 280 Mark erstehen und ein monatliches Abonnement zahlen. Diese Sonderpreise haben den Erfolg des Senders in Frankreich allerdings kaum beeinträchtigt. Heute haben ihn zweieinhalb Millionen Franzosen abonniert, und Canal Plus macht einen erstaunlichen Jahresumsatz von etwa 1,4 Milliarden Mark. Damit ist Canal Plus inzwischen das rentabelste Medienunternehmen Europas.
„Canal Plus wird die Anzahl der Ausstrahlungen französischer Filme im bundesdeutschen Fernsehen verdreifachen“, freut sich Andre Rousselet mit dem gebührenden Nationalstolz. Mitterrand kann also mit seinem Freund zufrieden sein. Als Gegenleistung dürfte die neu -zusammengesetzte französische Aufsichtsbehörde für Funk und Fernsehen (CSA) alsbald Canal Plus und Bertelsmann zu einem Satellitenkanal auf dem unlängst in die Umlaufbahn gebrachten ersten französischen TV-Satelliten TDF 1 verhelfen. Auch bei Bertelsmann scheint man zu wissen: Die Freundschaft Mitterrands gibt es nicht umsonst.
Georg Blume
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