piwik no script img

Stimmen für Heckelmann beschafft

■ Bei den Wahlmanipulationen an der FU wurden die Drähte im Wahlbüro gezogen / Unterredung zwischen Heckelmann und Leiter des Wahlbüros

Die Wahlmanipulationen an der FU scheinen in internen Gesprächen zwischen Präsidialamt und dem Leiter des Wahlbüros, Harri Deutschland, ausgeheckt worden zu sein. Wie der taz jetzt bekannt wurde, hatte es am 11.Januar, einen Tag vor Beendigung der Wahl, eine Unterredung zwischen Deutschland und FU-Präsident Heckelmann im Beisein von FU -Kanzler Borrmann gegeben. Dort sei Heckelmann von dem Leiter des Wahlbüros über die vorzeitige Öffnung von Wahlbriefen in der Stimmgruppe der ProfessorInnen informiert worden. Bei den HochschullehrerInnen waren in insgesamt 20 Fällen Stimmzettelfälschungen entdeckt worden. Außerdem habe Deutschland dem FU-Präsidenten mitgeteilt, daß er „verschiedene Leute“ angerufen habe, die sich noch an der Wahl beteiligen sollten.

Da Heckelmann sich, so die Informanten, schon vor Beendigung der Wahl regelmäßig über die absehbaren Mehrheitsverhältnisse informiert habe (die taz berichtete), sei es notwendig geworden, Wähler vor allem aus dem rechten Spektrum zu mobilisieren. Heckelmann habe deshalb auch nicht sonderlich erstaunt auf die „Wählerwerbung“ Deutschlands reagiert, so hieß es gegenüber der taz.

FU-Kanzler Detlef Borrmann hat dies jetzt bestätigt. Deutschland habe die Wählerrundrufe damit begründet, daß die Wahlbeteiligung erhöht werden müsse. Er selbst habe Kritik an den Machenschaften des Wahlbüroleiters geübt, weil die Wahlbeteiligung nicht niedriger als sonst gewesen sei. Konsequenzen von Seiten des Präsidialamtes gegenüber Deutschland habe es jedoch keine gegeben. Borrmann räumte jedoch ein, daß das Verhalten des Wahlbüroleiters rechtswidrig gewesen sei.

Deutschland dementierte die Anschuldigungen. So habe es kein Treffen zwischen ihm und Heckelmann zu diesem Zeitpunkt gegeben. Er gab jedoch zu, Wahlbriefe vorab geöffnet zu haben. Stimmzettel, die sich nicht in dem dafür vorgesehenen Umschlag befunden hätten, wären von ihm neu verbrieft worden, so Deutschland. Dies sei geschehen, „um die Wahlbeteiligung zu erhöhen“.

Der Leiter des Wahlbüros erklärte aber, er habe, entgegen den Informationen der taz, den FU-Präsidenten erst am 31.Januar 1989 von den von ihm initiierten Wahlmanipulationen informiert. Merkwürdig ist daran allerdings, daß Heckelmann selber, laut eigener Pressemitteilung, erst Ende der vergangenen Woche von den Brieföffnungen in rund 300 Fällen unterrichtet worden sein will.

Aufgrund der Informationen Deutschlands über die Wahlmanipulationen hatte der FU-Präsident am Montag die gesamten Gremienwahlen für ungültig erklärt. So bleiben die alten Mehrheitsverhältnisse in den FU-Gremien Akademischer Senat, Konzil und Kuratorium vorerst erhalten. Diese sind bisher mit starkem Rückhalt für den FU-Präsidenten verbunden gewesen. Die Mehrheitsverhältnisse nach dem Wahlergebnis vom 12.Januar hätten Heckelmann nicht mehr seine absolute Mehrheit im AS garantiert. Ein Termin für Neuwahlen an der FU steht noch nicht fest.

taz

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen