: „Privatmeinung“ erlaubt
■ Die AL-Parteiführung gestattet Mitgliedern der Verhandlungskommission, „persönliche Bewertungen“ öffentlich zum Besten zu geben
Die vorläufige Absage der Koalitionsgespräche durch die SPD nach den Äußerungen zweier AL-Spitzenpolitiker zur Gewaltfrage hat gestern einen parteiinternen Streit in der Alternativen Liste nach sich gezogen. Nachdem Harald Wolf und Birgit Arkenstette weiterhin darauf bestanden, ihre persönliche Meinung zum Essential-Papier und der Frage Koalition oder Tolerierung öffentlich zu äußern, forderten auf der Sitzung des Geschäftsführenden Ausschusses gestern Einzelne ihren Rücktritt aus der Verhandlungskommission. Sie konnten sich jedoch in der dreistündigen Debatte nicht durchsetzen. Es sei „erlaubt“, beschloß der GA am Ende, daß Mitglieder der Verhandlungsdelegation ihre „persönliche Bewertung“ des Verhandlungsstandes oder ihre „persönlichen Vorstellungen“ zum Ziel der Verhandlungen öffentlich äußerten.
Der GA bekräftigte auch noch einmal den Beschluß der MVV zur Rot-Grünen Zusammenarbeit. Die bisherigen Zwischenergebnisse wurden „positiv“ bewertet. Dem Delegiertenrat am Mittwoch abend will der GA empfehlen, die „Essentials“ zu akzeptieren.
Dissens zu dieser Erklärung haben in jedem Fall die „Grünen Panther“. Gerade eine Woche hat der Kompromißbeschluß der Mitgliedervollversammlung gehalten. Der 99,7% Beschluß für eine „Zusammenarbeit bis hin zur Koalition“ war zustande gekommen, weil sich zwei Strömungen vorher auf einem gemeinsamen Antrag verständigt hatten. Der GA, mehrheitlich von den parteilinken besetzt, wollte auf eine Tolerierung eines SPD- Minderheitensenats hinarbeiten. Die „Grünen Panther“ sind für die Koalition. Man wollte den Streit auf der MVV vermeiden, einigte sich auf die Kompromißformel. Auch die Mitglieder der Verhandlungsdelegation waren für die „Panther“ keine Wunschkandidaten. Jetzt fühlen sie sich getäuscht. Der Auftrag der MVV habe klar gelautet „bis hin zur Koalition“. Gestern abend wurden Konsequenzen beraten.
Kritik am Verhalten von Wolf und Arkenstette übte auch der derzeitige Fraktionsvorsitzende Wolfgang Wieland. Die öffentlichen Äußerung richteten „politischen Schaden“ an, sagte er gestern nachmittag. Wieland wies auch auf den deutlichen Verhandlungsauftrag der MVV hin. (Siehe auch Berichte auf Seite 1 und Interviews mit Harald Wolf (AL) und Ingrid Stahmer (SPD) auf der letzten Seite)
bf
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