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Berlusconi - eine italienische Karriere

■ Mit dem AC Mailand kommt heute der reichste Mann Italiens nach Bremen / Dem Medienzar ist der Erfolg des Fußballvereins viele Milliarden Lira wert / Gegen Berlusconi ist der Springer-Konzern ein kleiner Fisch

Die Hansestadt Bremen erlebt am Mittwoch - glaubt man den Urteilen der einschlägigen Fußballexperten - das „Fußballspiel des Jahres“. Im Europa-Pokal der

Landesmeister trifft Werder Bremen auf Italiens Champion AC Mailand, in dessen Reihen mit Ruud Gullit, Marco van Basten und Frank Reykaart aus der nie

derländischen Europameister schaftmannschaft auch die zur Zeit populärsten Kicker des Kontinents stehen. Die Mailänder kommen gut vorbereitet an die Weser. Das jüngste Meisterschaftsspiel in der italienischen Liga gewannen Gullit &Co gegen Pescara überlegen mit 6:1.

Mit Trainer, Manager und Team des AC Mailand kommt auch ein Mann mit an die Weser, der in Italien seit 15 Jahren in der Medienbranche für Furore sorgt und durch diese Tätigkeit inzwischen zum reichsten Mann Italiens wurde. Die Rede ist von Silvio Berlusconi, Präsident und Eigentümer des ruhmreichen italienischen Erstligisten. Berlusconi ist ein Mann, der überall einsteigt, wo er ein Geschäft wittert.

Vor Jahren war der traditionsreiche Fußballverein AC Mailand an den Rand des Ruins geraten. Niemand schien mehr bereit, in das bankrotte Unternehmen zu investieren. Niemand, bis auf Silvio Berlusconi. 55 Millionen Mark stellte er bereit für den Kauf, die Schuldentilgung und als Rücklage für den Transfer neuer Spieler. Er selbst kürte sich zum neuen Präsidenten des Klubs. Seitdem läßt er sich schon mal nach Niederlagen seiner Mannschaft mit dem Hubschrauber ins Trainingslager einfliegen, um, wie die italienische Sportzeitung „La Gazetta dello Sport“ bemerkt, „den Kickern einzeln die Beichte abzunehmen“.

Wie hierzulande Spitzensportler, Popsänger oder Entertainer im Fernsehen gefeiert werden,

beherrscht der Unternehmerstar Berlusconi in Italien die Schlagzeilen. Berlusconi ist Huldigungen gewohnt. „Sua Emittenza“ nennen ihn seine Landsleute halb spottend, halb ehrfurchtsvoll, was soviel heißt wie „Mister Ausstrahlung“. Seine Ausstrahlung ist sein größtes Kapital. Ein Kapital, das nach innen und außen wirkt. „Berlusconi hat eine derartige Siegermentalität, daß sie sich auf all seine Mitarbeiter und Gesellschaften, die er aufbaut, überträgt“, versucht einer seiner Manager den beispiellosen Siegeszug von „Sua Emitenza“ zu erklären.

Auch der AC Mailand stieg schon wenige Monate nachdem Berlusconi die Präsidentschaft übernahm, wie Phönix aus der Asche. Für 16 Millionen Mark wechselte Ruud Gullit vom PSV Eindhoven nach Mailand und wurde im selben Jahr Europas Fußballer des Jahres. Ein Jahr später erhielt der andere Holland-Import, Marco van Basten diese Auszeichnung. Die Spieler des AC Mailand kicken auch ohne Trikotreklame als Werbeträger für die Unternehmensgruppe von Berlusconi. Ihr Erfolg wird mit dem des Präsidenten gleichgesetzt. Der wiederum beginnt, die Spiele seines Teams gezielt als Zuschauermagnet in seinen Fernsehprogrammen einzusetzen, indem er diese exclusiv überträgt. Denn mag Berlusconis Firmenimperium mittlerweile auch mehr als 150 Unternehmen mit 7.400 Mitarbeitern umfassen, mag er auch Versicherungen verkaufen,

Luxuswohnungen oder Klassik-Schallplatten, nichts verhalf ihm mehr zu Umsatz und Aufsehen wie sein Aufstieg als Fernseh-Unternehmer.

2,5 Milliarden Mark, soviel also wie die gesamte Springer -Verlagsgruppe mit all ihren Objekten, erwirtschaftete Berlusconis Holding „Fininvest“ 1987 allein mit Fernsehen. Insgesamt setzte das Firmenimperium 1987 knapp 10.000 Milliarden Lire um, 14 Milliarden Mark.

Vom Baulöwen...

„Sua Emittenza“ wurde am 29. September 1936 als Sohn eines Bankangestellten in Mailand geboren. Erst 23jährig stieg er als Manager bei einem Bauunternehmer in der norditalirnsichen Metropole ein, gründete 1961, zu Beginn des Baubooms, die Bauholding „Cantieri Riuniti Milanesi“ und entwarf und realisierte in fünf Jahren eine erste Siedlung in Brughierio/Mailand für 4.000 Einwohner. 1969 baute er die Satellitenstadt „Milano due“ für 10.000 Einwohner und verwirklichte eine Verkehrskonzept, das bald in Italien als beispielhaft galt: Autos, Radfahrer und Fußgänger bewegen sich auf drei voneinander getrennten Ebenen. Diversen Kongreß- und Hotelzentren folgte 1976 der Bau von „Milano tre“, dieses Mal für 14.000 Einwohner.

Bereits bei seinem ersten Urbanisierungsprojekt hatte er den weit von Stadtzentrum und Kino entfernten Bewohnern durch Kabel sein eigenes für diese Satelli

tenstadt geschaffenes Fernsehprogramm Telemilano ind Haus gebracht. ...zum Medienzar

1979 wagte er dann den Start ins kommerzielle Fernsehen, baute neue Antennen und Umsetzer, kaufte kleinere Gesellschaften auf, bis er mit „Canale Cinque“ über ein eigenes Netz verfügte, das ganz Italien abdeckte. Überzeugt davon, daß er seine Idee eines europäischen privaten Fernsehverbundes nur mit Unterstützung der Printmedien verwirklichen könne, kaufte sich Berlusconi Ende der 70ger Jahre auch bei Zeitungen und Programmzeitschriften ein. 1978 beteiligte sich der Präsident des AC Mailand an der überregionalen Mailänder Tageszeitung „Il Giornale“, seit 1983 besitzt er auch das auflagenstärkste Presseprodukt Italiens, die Programmzeitschrift „Ciak“. Mit der inhaltlichen Abstimmung seiner Presse-auf seine TV-Produkte erreichte Berlusconi die gelungene Verbindung zwischen traditionellen und elektronischen Medien. Nach „Canale cinque“ übernahm er in rascher Folge 1983 vom Verlagshaus Rusconi den Fernsehsender „Italia Uno“ und ein Jahr später vom Verleger Mondadori „Rete Quattro“ mit umfangreichem Filmmagazin. Mit seinen TV-Stationen bietet Berlusconi den drei Programmen des staatlichen italienischen Fernsehens RAI Paroli.

Heiko Roes

Berlusconi-Teil 2 morgen.

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