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Hacker-Spionagethriller

■ Berichte über Hacker als Spione für den KGB aufgebauscht / Selbst Sprecher der Bundesanwaltschaft wiegelt ab / Haftbefehl gegen zwei Computerfreaks

Hamburg (dpa/taz) - In dem Spionagefall um deutsche Hacker, die jahrelang geheime Daten und Informationen über den Zugang zu westlichen Rechenzentren an den sowjetischen Geheimdienst geliefert haben sollen, ermittelt Generalbundesanwalt Rebmann jetzt gegen acht Verdächtige. Bislang wurden zwei Haftbefehle erlassen, darunter einer wegen Fahnenflucht.

Die Beschuldigten, im Alter zwischen 25 und 35 Jahren, stehen nach Angaben der Bundesanwaltschaft im Verdacht, sich Erkenntnisse beschafft zu haben, indem sie illegal in Computernetze eingedrungen seien. Ihr Wissen hätten sie gegen Bezahlung an den östlichen Geheimdienst KGB weitergegeben.

Gegenüber der taz warnte der Sprecher der Bundesanwaltschaft, Prechtel, allerdings davor, von einem neuen Fall Guillaume zu sprechen, wie es Innenminister Zimmermann nahegelegt hatte. Zimmermann hatte die Enttarnung als „schweren Schlag“ gegen den KGB gewertet. Nach Prestels Angaben liegen die Zahlungen des KGB an hannoveraner Hacker in der Größenordnung von 30.000 Mark. Der Sprecher des Bundesjustizministeriums bewertete den Fall als „ernst zu nehmen, aber nicht dramatisch“. Nach dem jetzigen Informationsstand seien die Hacker in periphere Sektoren, aber nicht in Kernbereiche eingedrungen.

Die nach monatelangen Ermittlungen enttarnte Hackergruppe soll den Sowjets Daten über Computerzentren in die Hände gespielt. Eine Gruppe von vier Hackern sei mit einem einfachen Heimcomputer weltweit in Rechner der US -Streitkräfte, von Forschungseinrichtungen, Atomlabors, Weltraumbehörden eingedrungen.

„Geknackt“ wurden nach Informationen des 'NDR‘ und 'dpa‘ auch die Rechner der Forschungsstätten für Atomwaffen und das SDI-Programm in Los Alamos und in Lawrence Livermore sowie von Großforschungsinstituten wie der Kernforschungsanlage CERN in Genf, DESY in Hamburg, des Max -Planck-Instituts für Kernphysik in Heidelberg sowie der US -Raumfahrtbehörde Nasa. Betroffen seien auch die europäische Raumfahrtbehörde ESA in Darmstadt, die deutsche Forschungs und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt in Oberpfaffenhofen und ein vergleichbares US-Unternehmen in Pasadena. Sogar die Datenbank OPTIMIS des US -Verteidigungsministeriums in Washington sei „angebohrt“ worden, in der Namen und Lebensläufe hoher Militärs gespeichert seien. Auch Rüstungs- und High Tech-Firmen in Europa und den USA seien betroffen.

Militärische Geheimnisse sind nach Ansicht des ehemaligen Verfassungsschutz-Präsidenten Heribert Hellenbroich für Hacker nicht erreichbar. Diese würden entweder in Computern gespeichert, die nicht über Telefone angezapft werden können, oder die Computersysteme seien so gesichert, daß sie auch von Fachleuten nicht geknackt werden könnten. Tagesthema Seite 3

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