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Q U E R S P A L T E Geheimsache Landtag

■ Wie die CSU ihr Parlamentarismus-Problem angeht

Die bayerische CSU ist ratlos. Wie die berühmten Artisten in der Zirkuskuppel hängen die Schwarzen in den Seilen, seit im Dezember vergangenen Jahres die Richter des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs sie so im Stich gelassen haben. Und das, obwohl 90 Prozent von ihnen ihren Job der CSU zu verdanken haben. Trotzdem: Eiskalt bescheinigten die Richter der Staatsregierung, daß es verfassungswidrig sei, keinen grünen Landtagsabgeordneten in den Europaausschuß aufzunehmen. Das hätten die CSUler noch verschmerzen können. Viel schlimmer aber ist, daß die Richter ihnen auch im Sicherheitsausschuß grüne Vertreter unterjubeln wollen. Die dürften nämlich nur dann ausgeschlossen werden, wenn dies aus „übergeordneten Gründen des Geheimschutzes“ notwendig sei, so der Tenor des Gerichtsurteils. Soviel Geheimnisvolles wird freilich im Sicherheitsausschuß - der sich auch mit kommunalpolitischen Fragen beschäftigen muß, da im bayerischen Landtag kein Innenausschuß existiert nicht behandelt. Das war selbst der CSU klar. Was also tun? Den gesamten Landtag zur „Geheimsache“ erklären? Geht leider nicht, auch wenn die „mehreren“ im „Hohen Haus“ immer noch die Christsozialen sind.

Ganz schlau versuchen die Schwarzen nun, den ewigen Ärger mit dem verflixten Parlamentarismus auf ihre Art aus der Welt zu schaffen. Seit dem Urteil im Dezember tagt der Ausschuß einfach nicht mehr. Denn wo nichts ist, hat ja auch bekanntlich der Kaiser sein Recht verloren und kann sich auch kein Grüner einschleichen. Daß sie überhaupt in den bayerischen Landtag eingezogen sind, war ja leider wegen der saublöden Wahl nicht zu verhindern. Und außerdem hat diese geniale Lösung auch noch eine weitere positive Seite: nämlich ein bißchen mehr Muße, um in Ruhe eine Maß Bier mehr zu trinken. Denn schließlich ist in Bayern ja die Starkbierzeit angebrochen und der Nockherberg ruft. Daß sich die innenpolitischen Anträge derweil stapeln, kratzt die CSU nicht. Und wenn sich die Oppositionellen mal wieder wie vor kurzem querlegen, besuchen die CSU-Ausschußmitglieder eben alleine den Führungsstab der Staatsregierung bei der Nato -Übung „Wintex“. Um so besser.

Leider lassen die aufmüpfigen Grünen die überarbeiteten CSU -Parlamentarier partout nicht in Ruhe. Rotzfrech und hinterhältig, wie sie nun mal sind, hat ihre Fraktionssprecherin Margarethe Bause jetzt die Einrichtung eines Ausschusses für „Fragen der Innen- und Kommunalpolitik“ beantragt. Und schon ist's wieder aus mit dem Prosit auf die bayerische Gemütlichkeit.

Luitgard Koch

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