: Sportlicher Flurschaden
DFB: Nur Deutsche in Ländermannschaften? ■ PRESS-SCHLAG
Wenige Wochen nach dem Wahlerfolg der „Republikaner“ in Berlin und begleitend zu den Diskussionen in der Regierungskoalition über weitere Verschärfungen der Asylgesetze hatte sich auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) in Sachen Ausländerpolitik zu Wort gemeldet. Eine „Vorstandsempfehlung“ sollte darauf abzielen, daß in den Jugendauswahlmannschaften der 16 Landesverbände ab 1990 nur noch deutsche Fußballer spielen dürfen. Solch ein Schritt hat durchaus Tradition im nach eigenen Angaben „größten Einzelsportverband der Welt“ (tatsächlich hat der sowjetische Fußballverband mehr Mitglieder).
Vor der Weltmeisterschaft in Argentinien 1978 lobte die DFB -Delegation die damaligen Militärmachthaber von Buenos Aires für ihre „preußische Gründlichkeit“, im Trainingslager der Nationalmannschaft wurde massiven öffentlichen Protesten zum Trotze der frühere Flieger-Oberst Rudel begrüßt, und als ein ehemaliges argentinisches Junta-Mitglied, der berüchtigte Vizeadmiral Lacoste, als Gast bei der Weltmeisterschaft 1986 in Mexiko auftauchte, war vom WM-Organisationschef, dem DFB -Präsidenten Neuberger, kein Sterbenswörtchen der Mißbilligung zu hören.
In jedem Frühjahr finden die sogenannten DFB-Jugendlager statt. In Pokalturnieren ermitteln die A-, B- und C -Jugendlichen (12 bis 18 Jahre) die besten Landesverbände der jeweiligen Altersgruppe. Diese Länderpokalspiele dienen auch zur Sichtung für die Jugendnationalmannschaften.
Bisher durften in jeder Länderauswahl zwei Ausländer spielen. Daß es in Zukunft nicht mehr so sein sollte, wurde mit angeblichem „Mißbrauch“ der bisherigen Regelung begründet. So sollen von einer württembergischen Auswahl einmal neun ausländische Jugendliche aufgeboten worden sein.
Unterdessen regte sich Protest. Der Referent für ausländische Arbeitnehmer beim DGB-Landesbezirk Niedersachsen, Krüger, „kann es einfach nicht fassen, welchen gesellschaftspolitischen und sportlichen Flurschaden der DFB damit anrichtet“, und fordert: „Dieser Beschluß muß wieder weg, er muß unverzüglich korrigiert werden.“ Christina Kukielka von der GAL Hamburg sah in einem Zeitungsinterview „Mittel und Wege für einen Boykott“, falls der DFB diesen Schritt beibehalte. Sie denke, sagte die GAL -Frau, „ein Verein wie der FC St. Pauli würde da mitziehen.“
Die drohenden Proteste haben den DFB offenbar erschreckt. Ende vergangener Woche teilte DFB-Jugendsekretär Bernd Pfaff mit, die Überlegungen „in diese Richtung“ seien zurückgestellt: „Bis 1993 bleibt alles beim alten.“
Reimar Paul
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