: S O N N A B E N D
■ V O R L A U F
Nur 56 Jahre war er alt, als er am 7.März 1982 starb: Konrad Wolf, der renommierteste und prominenteste Filmregisseur der DDR, Präsident der Akademie der Künste und Mitglied des ZK der SED. Sein langjähriger enger Mitarbeiter Wolfgang Kohlhaase hat 1985 für die DEFA eine Dokumentation über den Filmemacher erstellt, die dessen Lebensweg nachzeichnet: die Kindheit in Süddeutschland, die Jahre der Emigration in Moskau und seine Rückkehr nach Deutschland als Offizier der Sowjetarmee. Der Hessische Rundfunk zeigt Die Zeit, die bleibt um 21.45 Uhr. Bereits um 20 Uhr ist Wolfs letzter Spielfilm Solo Sunny aus dem Jahre 1979 zu sehen.
Seit in den 20er Jahren englische Archäologen das Grab des Tut-Ench-Amun entdeckten und seine unermeßlichen Schätze nach Europa brachten, hat sich die Phantasie der Filmemacher immer wieder an dieser geheimnisvollen Totenwelt begeistert. Die Rache der Pharaonen aus dem Jahre 1959, mit Peter Cushing und Christopher Lee in den Hauptrollen, ist das unterhaltsame Remake eines Gruselkomikers aus dem Jahre 1932: Vier Jahrtausende lang ruhte die ägyptische Prinzessin Ananka in ihrem Grab, bis ihre Grabkammer durch den Archäologen John Banning geöffnet wird. Durch diesen Frevel erwacht die Mumie des Hohepriesters Kharis wieder zum Leben. Um 22.15 Uhr von der ARD.
ks S O N N T A G
60 Jahre war Tolstoi alt, als er die desillusionisierende Geschichte der Ehe des Beamten Vasilij Posdnyschew schrieb. Die Kreutzersonate, eine depremierende Erzählung über die Ehe als Institution und die praktizierte Doppelmoral. In der auf bloß flüchtiger Verliebtheit gegründeten Ehe, entpuppt sich der Ehemann als eifersüchtiger Widerling, der sogar an Mord denkt. Michail Schweizer, geboren 1920 in Perm am Ural, Schüler von Sergej Eisenstein an der Moskauer Filmschule, und Sofia Milkina haben die literarische Vorlage in Szene gesetzt. Beachtlich der international bekannte Oleg Jankowski in der Hauptrolle. ZDF, 22.20 Uhr
(Der Leibwächter - von Adolf Winkelmann. Zweiteiliger Fernsehfilm am So. und Mi., 22. März, jeweils 20.15 Uhr, ARD) Verlierer ahnen selten, was ihnen droht. Nur wir wissen manchmal - falls es dem Regisseur gefällt -, daß es um den Filmhelden schon geschehen ist, bevor er seinen ersten Auftritt hat. Und der ist meistens nicht groß, sondern nur blamabel. Auch Lasky strauchelt von Niederlage zu Niederlage. Als Polizist der Korruption überführt und gefeuert, schleicht Lasky (Franz Xaver Kroetz) jetzt als Handlanger für einen Kredithai durch die Gegend und läßt sich von den Schlägern der zahlungsunwilligen Gläubiger verprügeln, weil er nicht als knallharter Geldeintreiber auftreten kann.
Fast legen sie es darauf an - ewige Verlierer sterben irgendwann, meistens am Schluß des Filmes. Dazwischen lassen sie sich beliebig benutzen. In Adolf Winkelmanns neuem Film treibt Lasky als Leibwächter auf sein Ende zu. Er wird von der Drogenfahndung bei Serge Mazra, einem kurdischen Geschäftsmann, eingeschleust und soll ihn beim Rauschgifthandel überführen. Doch so überschaubar, wie sie sich gibt, ist die Halbwelt der Heroingeschäfte nicht. Am Schluß muß Lasky erkennen, daß er zum Abschuß freigegeben, von der Polizei als Zielscheibe vorgesehen war, um Serge Mazra zu decken, der nur zum Schein den Bösewicht spielt, während er den Drogenfahndern wertvolle Tips über Rauschgiftlieferungen zukommen ließ. Und auch das ist nicht die ganze Wahrheit in einem mechanisch ablaufenden Geschehen, das von den Figuren zwar initiiert wird, aber schon bald nicht mehr zu steuern ist und zwangsläufig im Unheil eskaliert.
Der Erzkomödiant als Fatalist. So gründlich hat der Dortmunder Regisseur, der seit den Abfahrern auf die Filmkomödie festgelegt schien, mit dem Schema von Gut und Böse aufgeräumt, daß er gleich bei der tristen und schmutzigen Realität der schwarzen Serie gelandet ist. Er habe keinen „alten Derrick-Schimmi“ aufbauen wollen, um ihn mit einem miesen Popanz des Bösen zu konfrontieren: „Hier treffen Figuren aufeinander, die alle ihre berechtigten und nachvollziehbaren Interessen verfolgen und gerade dadurch in eine Spirale des Unheils gezogen werden.“ Deshalb hat Winkelmann jeden Humor aus dem Zweiteiler verbannt, bei der Flut von „Männer„-Imitationen für ihn ein mehr als anrüchiges Gewerbe. Und auch das liebgewonnene Weltbild vom Happy-End im deutschen Fernsehspiel darf Winkelmann nicht zulassen, denn er will ja beweisen, daß die deutsche Fernsehspielkultur schon immer auf ihn gewartet hat: „Ich wollte im Fernsehen mal wieder einen guten Film sehen.“
Der Leibwächter ist ein konsequenter Film. Bewußt bricht er mit dem deutschen Krimi-Muster, zu Beginn eine Leiche und dann einen Kommissar zu präsentieren, der dem Guten zum Recht verhilft. Winkelmanns Polizisten sind Bullen - zynisch und korrupt. Sie sind nicht korrupt in dem Sinne, daß sie sich von der Drogen-Mafia bestechen lassen, wie Lasky es vermutet; sie sind korrupt in ihrem Bestreben, die berufliche Karriere mit politischen Opportunismus zu erkaufen. Als der kurdische Undercover-Agent Serge Mazra nicht mehr zu halten ist, weil der Innenminister wechselt, läßt der Drogenfahnder Kant, der dem türkischen Spitzel seine ganze Laufbahn zu verdanken hat, seinen Informanten fallen und liefert ihn den Killern der Mafia aus. Damit ist die Affinität zwischen Gangstern und Staatsmacht fast noch stärker als in den Filmen der schwarzen Serie. Nicht nur die Methoden der Polizei und der Verbrechen decken sich, sie haben auch dieselbe Moral - nämlich keine.
Christof Boy
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