: Postengerangel statt Politik
■ Der Delegiertenrat der Alternativen Liste wählte zwei Pressesprecherinnen für Senatorin für Frauen, Jugend und Familie / Bewerber für den Posten des Stellvertretenden Senatspressesprechers hatte das falsche Geschlecht / Keine Entscheidung zu Hausbesetzungen
Den Stellvertretenden Senatssprecher wählte die AL auf ihrem Delegiertenrat am Mittwoch abend zwar nicht, dafür gab es am Ende des Abends nach einem langen Abstimmungsmarathon dann zwei Pressesprecherinnen statt einer für die Senatorin Anne Klein. Einziger Bewerber für das der AL zustehende Amt des Stellvertreters des Senatssprechers Werner Kolhoff (SPD) war der jetzige Pressesprecher der AL-Fraktion Dirk Schneider. Letztendlich scheiterte er an seinem Geschlecht, aber auch andere Einwände wurden gegen ihn und das Verfahren bei der Suche nach KandidatInnen geltend gemacht. Die fehlende Ausschreibung wurde genauso moniert wie fehlende Sprachkenntnisse des einzigen Kandidaten und ein bedenkliches Umgehen mit dem Geist der Rotation. Den Weg vom Bezirksverordneten, zum Bundestagsabgeordneten über den Fraktionssprecherposten zum Senatssprecher wolle jetzt ausgerechnet jemand avancieren, der sich als Befürworter einer strikten Rotationsregelung hervorgetan habe.
Wie denn nun genau die Quotierungsregelung auszulegen sei, wußte niemand so richtig. „Es ist völlig unklar, auf welches Gremium sich der Quotierungsgedanke bezieht“, befand GA -Mitglied Birgit Arkenstette und leitete daraus ab, daß er nicht unbedingt für diesen Posten zu gelten habe. Johann Müller-Gazurek schlug vor, daß nur die anwesenden weiblichen Delegierten darüber entscheiden sollten, ob man denn nicht in diesem Falle eine Ausnahme machen könnte. Doch Auslegerei hin, Taktiererei her - am Ende stimmten die Delegierten für die Prinzipientreue. Eine Frau muß es sein und zwar möglichst eine aus dem Inneren des Wals, sprich der Partei. Daher sollte die Stelle nur im Delegiertenratsinfo ausgeschrieben werden. Wenn sich beim nächsten Mal keine geeignete Kandidatin finde, dann dürfe auch Schneider sich nochmal bewerben. „Solange kann man dem Herrn Kolhoff noch zumuten, nicht in Urlaub zu fahren“, meinte der Umweltdelegierte. Doch Dirk Schneider winkte ab. Wenn der Platz zu einem „Frauenplatz erklärt worden ist, dann ist diese Bewerbung hinfällig“.
Nachdem die erste Personalie abgehakt war, begann eine wahre Abstimmungsorgie über die Bewerberinnen auf die Pressestelle(n) der Senatorin für Frauen, Jugend und Familie. Den meisten Delegierten leuchtete allerdings nicht ein, warum Senatorin Klein und eine Auswahlkommission sich zwei Frauen ausgeguckt hatten, besonders da ihre Verwaltung bereits im Gegensatz zu anderen mit zwei Staatssekretärsposten statt einem ausgestattet ist. Die Delegierten stimmten also zunächst mehrheitlich gegen das Ansinnen. Immer wieder versuchte die Bewerbungskommission das nachzuholen, was sie anfangs versäumt hatte: überzeugende Gründe dafür zu nennen, warum das Ressort „Frauen“ einer eigenen Öffentlichkeitsarbeit bedürfe. Als der Delegiertenrat noch knapp beschlußfähig war - 28 Delegierte wären erforderlich gewesen, 29 waren da -, kippte dann aber der Beschluß. Mit 17 Pro-, neun Contra-Stimmen und drei Enthaltungen waren die beiden neuen Pressesprecherinnen bestätigt.
Die Journalistin und Netzwerk-Mitarbeiterin Gundel Köpke ist nun Pressesprecherin für den Bereich Frauen, und Gabriele Kempner wird für Jugend und Familie sprechen. Wegen der fortgeschrittenen Stunde und sichtlicher Erschöpfungserscheinungen der Delegierten nach fast 30maligem Handhochheben zu den diversen Geschäftsordnungsanträgen wurde das eigentlich anstehende Thema der Hausbesetzungen nicht mehr behandelt.
RiHe
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