piwik no script img

Preis für Kritik am Preis

■ Bochumer Wissenschaftler kritisiert zu hohe Lohnkosten und erhält dafür den ersten Preis der Bremer „Wolfgang-Ritter-Stiftung“

Für einen Abbau der Reglementierungen auf dem Arbeitsmarkt als Ursache der dauerhaften Arbeitslosgikeit und flexible Arbeits- und Entlohnungsmodelle hat sich Matthias Keuchel eingesetzt. Der ist aber nicht wirtschaftspolitischer Berater der Bundesregierung, sondern wissenschaftlicher Mitarbeiter der Ruhr-Universität in Bochum. Seit Ende letzten Jahres besitzt der 29-jährige einen Doktortitel und seit gestern den mit 20.000 Mark dotierten „Wolfgang-Ritter -Preis“. Den hat er für seine Doktorarbeit „Kann der Arbeitsmarkt dem Wettbewerb unterworfen werfen?“ erhalten.

Keuchel analysiert, daß auf dem Arbeitsmarkt die Prinzipien der freien Marktwirtschaft weitgehend außer Kraft gesetzt sind. Der Preis für die Arbeit werde nicht mehr über Angebot und

Nachfrage ermittelt, sondern wesentlich durch staatliche Regeln festgelegt. Das Lohnniveau sei überhöht und damit eine wesentliche Ursache für Arbeitslosigkeit. Hier seien gesamtgesellschaftliche Lösungsansätze gefragt. So müsse die staatliche Reglementierung zurückgedrängt, die soziale Arbeitnehmerabsicherung vom Arbeitsplatz abgekoppelt und das öffentliche Recht privatwirtschaftlichen Verträgen, wie etwa Betriebsvereinbarungen, angeglichen werden. Nur so könne die Trennung von Arbeitsrecht und Arbeitsmarkt überwunden werden. Konkret denkt Keuchel daran, das Monopol der Arbeitsämter bei der Stellenvermittlung zu brechen.

Mit diesen Ideen lag der Bochumer Wissenschaftler bei der Jury der „Wolfgang-Ritter Stif

tung“ genau richtig. Damit hatte er nicht nur die formalen Bedingungen erfüllt, nach denen die Arbeiten dem Aufbau und der Förderung der sozialen Marktwirtschaft dienlich sein und sich aktuellen Problemen widmen müßten. Auch inhaltlich war Keuchel damit auf dem richtigen Kurs. In seiner Laudatio erläuterte der Bochumer Professer Hans Besters seine Vorstellungen vom Unternehmer in der sozialen Martkwirtschaft: „Er muß sein Produkt zu einem möglichst günstigen Preis herstellen und anbieten. Der Unternehmer ist kein Sozialinstitut.“ Wie beim Fußball üblich sollte es auch in der Wirtschaft normal werden, für ausgebildete Arbeitnehmer Abfindungen zu zahlen. Und von der tradierten Auffassung, nach der die Arbeitnehmer den Arbeitgebern unterlegen seien, müsse endlich

abgegangen werden.

Stiftungsvorsitzender Friedrich Cordewener freute sich in seiner gestrigen Begrüßungsansprache, daß Elemente der sozialen Marktwirtschaft und der pluralistischen Demokratie mittlerweile auch in die offizielle Politik Chinas und der UdSSR Einzug gehalten hätten, auch wenn hier noch viele Verbesserungen denkbar seien. Dies gilt aber auch für die Bremer Politik. Wenn die Steuerbelastung weiterhin ansteige, könne man nur noch von „Enteignung“ reden. Trotzdem sein klares Bekenntnis zur Marktwirtschaft: „Bei aller Kritik es gibt nichts Besseres.“

Die „Wolfgang-Ritter-Stiftung“ sieht ihre Aufgabe darin, marktwirtschaftliche Wissenschaft und Forschung zu fördern. Das tat sie bisher mit über neun Millionen Mark. om

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen