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Ehrlich, so sind wir (DKP) nicht

■ Zu: Bremer DKP besucht SED, taz vom 2./3.4

Wer möchte nicht gern als zivilcouragiert, kritisch und nachdenklich gelten - ich jedenfalls möchte das. Das Lob für die Bremer DKP in der taz, der solche Eigenschaften bescheinigt werden, gilt dem „überfälligen Aufstand“, den die KommunistInnen anläßlich einer Delegation zu Ökoproblemen in der DDR gegenüber der SED ins Werk gesetzt hätten.

Das „Lob“ des taz-Redakteurs Klaus Schloesser kommt mir allerdings eher wie ein Maulstopfer vor denn als ernsthafte Auseinandersetzung mit Veränderungen der DKP in ihrem Verhältnis zur SED. Scheiß-Meinungsmache habe ich gedacht. Die taz als Geburtshelfer, damit sich die hiesigen KommunistInnen endlich aus der „SED-Unterwerfung“ lösen, endlich rotzfrecche Premieren starten, Umweltverbrecher in der SED suchen, Kontakte zu DDR-Öko-Untergrundbewegungen knüpfen wollen - und das auch noch im Gästehaus des Ministerrats der DDR. (...)

Nein, ich sage nicht, es ist alles nicht wahr, was Schloesser schreibt. Immer ist irgendwas dran, ist irgendwie passiert, am Rande, in der Mitte, einer hat was gesagt, offiziell oder mit vollem Mund zum Nachbarn. Andere haben was ganz anderes gesagt, laut und vernehmlich oder am Rande. Aber das paßte nicht ins Bild. So geht eben Meinungsmache!

Neu aber nicht sensationell ist, daß wir eine Delegation mit Leuten organisiert haben, von denen wir wußten, daß sie sich an vielen Punkten in scharfem Gegensatz zu DDR -Positionen befinden und nicht allein aus Interesse an Informationen, sondern auch aus Interesse an Auseinandersetzung mitfahren wollten. Dazu gehörte auch wohl, die Belastbarkeit des Verhältnisses von DKP und SED auszutesten. Mittlerweile ist es aber keine Sensation mehr, daß wir die streitbare Auseinandersetzung nicht scheuen, sondern dort, wo es uns wichtig erscheint, sie auch organisieren - und auch in der Vergangenheit sind bei solchen Gelegenheiten nicht nur Freundlichkeiten ausgetauscht worden. Mag sein, daß - wenn man dies zum ersten Mal erfährt - einen ein Hauch von „Palastrevolution“ anweht, insbesondere dann, wenn man jahrelang davon ausgegangen ist, daß bei den KommunistInnen „verhockt autoritäre Prinzipien herrschen“.

Fragen der Ökologiepolitik der sozialistischen Länder müssen kontrovers diskutiert werden. Dies hat sowohl uns als auch die SED bewogen, diese Reise möglich zu machen und uns Diskussionspartner anzubieten, die weit mehr Differenzierungen sichtbar werden ließen, als Bericht und Kommentar in der taz vermuten lassen. Aber es ist auch eine Tatsache, daß wir in der Vergangenheit vor allem in öffentlichen Diskussionen uns eher das Gehirn verbogen haben ... Aber die Wahrheit hat uns eingeholt, sowohl die ökologische mit Tschernobyl als auch die historische mit Katyn und vielem anderen mehr. Doch das ist kein Grund, seinen politischen Verstand zu verlieren und alles zu vergessen, was uns mit den sozialistischen Ländern verbindet und wogegen wir hier auch gestanden haben. Aber Schloessers DDR ist nicht widersprüchlich, sondern stupid. Meine DDR ist es nicht! Und ich denke auch nicht im Traum daran, der SED die Freundschaft aufzukündigen, sondern eher, mich darauf zu besinnen, daß Freundschaft nichts wert ist, wenn man sich nach dem Munde redet.

Zugegeben: Es ist sehr schwierig und auch schmerzlich als Kommunistin mit den tiefen Widersprücghen in den sozialistischen Ländern umzugehen. Klar ist aber für mich, daß ich nicht in der gleichen Schlammgrube westdeutscher Traditionen landen werde, deren Hauptbeschäftigung es ist, die DDR und insbesondere die SED - früher auch Moskau - mit Dreck zu bewerfen.

Und folgendes kann ich amtlich verkünden: Die DKP hat nicht die Absicht, auf eigene Faust hinter dem Rücken der SED mit Vertretern der „Untergrund-DDR-Ökobewegung“ Kontakt aufzunehmen. Und gerade wegen unserer Freundschaft zur SED und trotz aller Kritikbereitschaft werden wir mit unseren GenossInnen drüben auch zukünftig Besuchsprogramme gemeinsam erstellen. Und ich werde in Zukunft auch kein Problem damit haben, im Rahmen eines solchen Programms Kontakte mit informellen Öko-Gruppen anzuregen.

Heidi Knake-Werner, Leiterin der DKP-Delegation in die DDR

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