Gesunder Staatsdienst

■ Mit 16jähriger Verspätung bekamen Beamte und Angestellte einen „Betriebsärztlichen Dienst“ / Drei Ärztinnen gegen Wirbelsäulen-Schäden, Allergien und Krebsrisiko

Je schwieriger die Geburt, desto schöner die Kinder. Wenn dieses Sprichwort wahr ist, dann gibt es seit gestern im Bremer Gesundheitsamt eine prima Einrichtung: den betriebsärztlichen Dienst. 16 Jahre nach der Verabschiedung des bundeseinheitlichen Arbeitssicherheitsgesetzes war es gestern auch in Bremen so weit. In einem mit mit frisch -altweißer Latexfarbe renovierten Trakt des Gesundheitsamtes weihte Gesundheitssentorin Vera Rüdiger die neue Dienststelle ein. Zwei Ärztinnnen, zwei Krankenschwestern und zwei Verwaltungskräfte sollen sich hier um die Gesundheit all ihrer KollegInnen im öffentlichen Dienst kümmern. Zumindest so weit sie durch ihre jeweiligen Arbeitsplätze gefährdet sein könnte. Eine dritte Betriebs -ÄrztInnen-Stelle soll noch besetzt werden.

Schwerpunktmäßig soll sich das junge Team zunächst vor allem um die sogenannten Risiko-Gruppen kümmern: Wer öffentlich dienstlich besonders schwer schleppen muß und beruflich seine Wirbelsäule riskiert, wird in absehbarer Zeit ebenso fachkundig untersucht wie Mitarbeiter von Klärwerken, MVA und alle anderen, die ihren Arbeitsplatz möglicherweise mit Gehör

schäden, Allergien oder erhöhtem Krebsrisiko bezahlen müssen. 440.000 Mark hat der Senat für einen einjährigen Modellversuch bewilligt. Am Ende der Erprobungsphase soll neu nachgedacht werden - z.B. auch über die Kooperation mit zwei weiteren Bremer Behörden, die schon jetzt für Sicherheit am Arbeitsplatz verantwortlich sind: der Arbeitsschutz-Ausschuß bei der Senatskommission für das Personalwesen und dem Arbeitssicherheitsdienst beim Senator für das Bauwesen.

Von „Kooperation im Dienste des Arbeitsschutzes“ war bereits auf der gestrigen Pressekonferenz viel die Rede. Nicht zuletzt am Kompetenz-Wirrwarr und den Ressort -Eifersüchteleien lag es allerdings auch, daß der Bremer Senat 16 Jahre brauchte, um den von Personalräten immer wieder angemahnten „Betriebsärztlichen Dienst“ nun endlich einzurichten. Genau 10 Jahre alt ist inzwischen der erste Senatsbeschluß für einen Betriebsärztlichen Dienst in Bremen. 10 weitere Jahre lang gab es mal kein Geld, mal keine oder nur ungeeignete BewerberInnen, mal keine Einigkeit unter Bremens SenatorInnen, wer für das neue Amt zuständig sein solle. Erst 1987 un

terzeichnete der damalige kommissarische Gesundheitssenator, Henning Scherf, eine Vereinbarung mit dem Gesamtpersonalrat zum „Vollzug“ des - zum damaligen Zeitpunkt bereits 13 Jahre alten - Arbeitssicherheitsgesetzes. Während jedes größere private Wirtschaftunternehmen längst seinen Werks-und Betriebsarzt einstellen mußte, ließ sich Vater Staat „Bremen“ allerdings noch zwei weitere Jahre Zeit bei der Besetzung der notwendigen Mediziner-Stellen. Mal scheiterten Einstellungsgespräche an den Gehaltsforderungen, mal an der „Theorielastigkeit“ der Bewerber, mal an ihrer Arbeitsüberlastung durch anderweitige berufliche Verpflichtungen. Die chronologisch letzte Hürde bildete die Frage, ob der neue Dienst beim Arbeits-, beim Bau-oder beim Gesundheitsressort untergebracht werden solle.

Gerhard Tilsner, Vorsitzender des Gesamtpersonalrats, machte denn gestern auch kein Hehl daraus: Die jetzige Lösung ist für ihn wieder nur ein Kompromiß. Tilsners langfristiges Ziel: Eine leistungsfähige Behörde, in der sich IngenieurInnen, TechikerInnen, ÄrztInnen und JuristInnen ressortübergreifend um mehr Sicherheit kümmern.

kvr