: Weiße Linie durch das weite Amerika
■ „Der Preis des Erfolges“ mit James Woods / Aufstieg und (Ver-)Fall eines Verkäufers Frei sein, frei sein, Droge muß dabei sein
Amerika - das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, vom Tellerwäscher zum Millionär. God's own country. Ein freies Land für freie Bürger, so denkt jedenfalls auch Lenny Brown (James Woods). Er, der Underdog, glaubt an seine Chance irgendwann wird sie schon kommen. Als Mensch mit Verkaufsqualitäten, die im Moment niemand so recht benötigt, dümpelt er durch sein Leben. Nur Linda (Sean Young), seine Frau, gibt ihm den nötigen Halt weiterzumachen. Denn Optimismus ist eine Sache, die harte Realität eine andere.
Keine besonders originelle Ausgangslage, die uns Regisseur Harold Becker da anbietet. Denn der weitere Verlauf von 'Der Preis des Erfolges' ist absehbar: Es wird nicht so bleiben, Lenny bekommt seine Chance und verliert alles wieder. Genauso kommt es auch. Trotzdem ergeht sich 'The Boost' nicht in gähnender Langeweile, denn das Zentralproblem des Films ist keine Banalität. Es geht um den menschlichen Verfall durch Rauschgift.
Ludes heißt auch die literarische Vorlage von Benjamin Stein.
Es sind Barbiturate, die im allgemeinen als Schlafmittel angewendet werden. Lenny jedoch schluckt sie in Verbindung mit Kokain, eine Mischung, die ihn langsam nach unten zieht.
Dabei hatte es sich so gut angelassen. Ein reicher Kalifornier verpflichtete ihn von der Ostküste in den Sonnenstaat, um ihm alle Annehmlichkeiten des teuren Lebens zuteil werden zu lassen. Ein Haus mit Pool in den Hollywood Hills, ein großer Wagen und prächtige Dinnerparties tauscht der eher dröge New Yorker von einem Tag auf den anderen gegen sein bisheriges Dasein. Linda steht nur mit weiten Augen da und staunt.
Die Abschreibungsgeschäfte laufen prima, Lenny lernt Leute kennen und macht bei ein paar Drinks einige Tausend Dollar. Doch Business im großen Stil fordert auch einige Konzessionen. Die immer gleich dullen Besäufnisse mit Bar-B -Q und weißen Linien auf kleinen Spiegeln. Über kurz oder lang gerät auch Lenny in den Bannkreis der Uppers und Downers: „Du täuschst deinem Kopf 'was vor, und dann glaubst Du das auch.“
Doch der Glaube versetzt manchmal eben keine Berge, besonders wenn der Gesetzgeber es nicht will. Paragraphen ändern sich, Lennys Geschäftsgrundlage wird der Boden entzogen, im Nu sieht er sich einem Wust von fi
nanziellen Forderungen gegenüber. So dumm kann keiner sein, mag es vielen KinobesucherInnen durch den Kopf gehen, doch der Neureiche zahlt verblendet den Preis des Erfolges.
Er schmeißt Geld zum Fenster hinaus, das er nicht hat und ,plumps, hockt er da ohne einen Cent. Koks und Pillen müssen jedoch weiter her, egal wie. „Jetzt habe ich meine Energien wieder. Es ist wie Champagner“, glaubt er meinen zu müssen, und Linda, längst ihrer eigenen Perspektiven beraubt, hält zu ihm. Lenny snifft und schluckt und phantasiert wie
ein Besessener, schon das Zusehen verknotet die Gehirnwindungen.
Träume, Hoffnungen und Niederlagen lösen sich immer schneller ab, der Lebensablauf Lennys verliert jegliche Kontur. Seinen letzten Halt verdrischt er im Wahn, Linda hält es nicht mehr aus.
„Eine gute Idee und ich bin wieden auf“, lügt er sich weiter den erikanischen Traum vor. Dreckig, kaputt und allein.
J. F. Sebastian
läuft im UT, 15, 17.30, 20 Uhr
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