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Irland: Ölmultis setzen mit Lieferboykott Regierung unter Druck

Den Konzernen sind die staatlichen Höchstpreise zu niedrig / Dublin fürchtet Inflationsgefahren  ■  Aus Dublin Ralf Sotscheck

Nachdem Shell und Texaco bereits am Wochenende den Import von Benzin in die Republik Irland eingestellt haben, schloß sich am Montag auch Esso dem Boykott an. Seit gestern hat der US-Konzern die Benzinlieferungen an die Tankstellen rationiert. Die drei Ölfirmen kontrollieren zusammen über 60 Prozent des irischen Benzinmarktes.

Der Importstopp ist eine Reaktion auf das Einfrieren der Benzinpreise durch die Regierung vor zwölf Tagen. Die Ölfirmen fordern dagegen eine Erhöhung der Preise um drei Pfennige pro Liter. Tatsächlich würde die Preiserhöhung an den Zapfsäulen jedoch noch wesentlich höher werden, weil die veraltete Whitegate-Raffinerie ihre Preise um sechs Pfennige pro Liter anheben will. In diesem Staatsunternehmen müssen 35 Prozent der irischen Rohölimporte verarbeitet werden.

Der irische Minister für Industrie und Handel, Ray Burke, hat Anfang der Woche eine öffentliche Kommission eingesetzt, die vor allem die Auswirkungen der „Geschenkgutscheine“ auf die Benzinpreise untersuchen soll. Alle großen Ölgesellschaften verteilen in Irland Gutscheine, wenn man eine Mindestmenge Benzin tankt. Diese Gutscheine können gegen Haushaltsgegenstände, Elektrogeräte oder Schallplatten eingetauscht werden. Die Werbeaktion wird mit vier Pfennig pro Liter auf den Benzinpreis umgelegt. Die Regierung würde diese Praxis gerne untersagen und damit den Benzinpreis in etwa stabil halten.

Shell begründete in einer Presseerklärung am Montag den Importstopp damit, daß die von der Regierung gesetzte Preisgrenze die Firma zwingen würde, unter Kosten zu verkaufen. Shell habe im letzten Jahr fast zehn Millionen Mark Verlust in Irland gemacht. Inzwischen koste Benzin im Umschlaghafen von Rotterdam bereits 288 Dollar pro Tonne, während die irische Regierung die Preisbasis bei 260 Dollar angesetzt habe.

Die Regierung ist jedoch entschlossen, den Preis auf dem jetzigen Niveau zu halten, weil eine Anhebung das „nationale Erholungsprogramm“ gefährden würde. Steigende Energiepreise, so fürchtet sie, würden unmittelbar inflationstreibend wirken, während das Programm auf einer geringen Inflationsrate und niedrigen Zinsen basiert. Die Sparpolitik der Regierung hat dazu geführt, daß die Regierungspartei „Fianna Fail“ (Soldaten des Schicksals) bei Meinungsumfragen stark an Sympathien gewinnen konnte, obwohl Arbeitslosigkeit und Auswanderung Rekordhöhen erreicht haben.

Der irische Benzinpreis ist zur Zeit der zweithöchste in der Europäischen Gemeinschaft. Er liegt um 50 Prozent über dem EG- Durchschnitt. Bei einer ähnlichen Konfrontation zwischen den Ölgesellschaften und der Regierung im Jahr 1979 mußten die Politiker schließlich nachgeben. Seitdem die Firmen ihren Importstopp verkündet haben, beginnen im Land die Hamsterkäufe. Die Benzinvorräte von Shell, Texaco und Esso in Irland werden in zwei bis drei Wochen aufgebraucht sein.

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