Keine politische Lösung im Baskenland in Sicht

■ Madrider Zentralregierung bricht Dialog mit der ETA ab / An seine Stelle wird wieder polizeiliche Repression treten

Madrid (taz) - Ein ganzes Wochenende hatte sich die spanische Regierung Zeit gelassen, ehe sie sich äußerte. Doch nach Beratungen mit den Vertretern aller anderen Parteien erklärte der sozialistische Innenminister Jose Luis Corcuera am Montag abend: „Die Regierung erklärt den Dialog für beendet.“ Damit scheint ein ernsthafter Versuch, das Problem mit der ETA im Baskenland auf friedliche Weise zu lösen, vorerst erstmal gescheitert zu sein.

Am Freitag hatte eine Paketbombe einem jungen Lehrer in Irun, der vermutlich aus Versehen zum Empfänger wurde, beide Hände abgerissen. In der Nacht zum Samstag waren auf der Eisenbahnlinie zwischen der Hauptstadt der Provinz Navarra, Pamplona, und der Hauptstadt der Provinz Baskenland, Vitoria, sieben Bomben hochgegangen und drei weitere entschärft worden; am Montag hatte eine Briefbombe einen Militär verletzt, und eine weitere Sprengladung, die dem Chef der Regierungsdelegation im Baskenland galt, war entschärft worden. Auch gestern wurde in Jaca wieder eine Bombe entschärft.

Obwohl die ETA sich bislang nicht zu den Attentaten bekannt hat, abgesehen von einem Anrufer, der in ihrem Namen auf die Bomben an der Eisenbahnlinie hinwies, wurde ihr die Urheberschaft zugeschrieben. Regierungskreise hatten zunächst gehofft, es könne sich bei den Attentätern um Kommandos handeln, die ohne eigentlichen Befehl der ETA -Führung agiert hätten. Die Häufung der Anschläge hat diese Hoffnung allerdings in den Hintergrund treten lassen.

Es ist das erste Mal seit Anfang dieses Jahres, daß Anschläge verübt werden. Am 8.Januar hatte die ETA einen einseitigen Waffenstillstand angeboten. Regierungsvertreter hatten sich mit dem ETA-Führer Eugenio Etxebeste „Antxon“ in Algerien zusammengesetzt, um eine politische Lösung im Baskenland zu suchen. Am 26.März war der Waffenstillstand der ETA ausgelaufen, und die Gruppierung hatte ein Kommunique mit acht Punkten veröffentlicht, auf die sie sich angeblich mit der Regierung geeinigt hatte. Dieses Kommunique sah vor, daß die politischen Gespräche in Algerien auf eine höhere Ebene gehoben und die ETA einen weiteren Waffenstillstand bis Ende Juni einhalten würde.

Die spanische Regierung gab 48 Stunden nach Ablauf des ETA -Waffenstillstands ihrerseits ein Kommunique heraus, in dem sie die Fortsetzung der Gespräche begrüßte. Da dieses Kommunique nach Angaben der ETA einen anderen Wortlaut als den ausgehandelten hatte, beendete die Organisation den Waffenstillstand.

Die Regierung führte diese heftige Reaktion auf interne Spaltungen der ETA zurück, bei denen der „harte“ Flügel die Überhand gewonnen habe. Sicher ist, daß die Reaktion der übrigen politischen Parteien auf das ETA-Kommunique heftig ausgefallen ist - möglicherweise heftiger, als die Regierung erwartet hatte. Gestern, nach dem offiziellen Abbruch des Dialogs, wurden ihre Positionen deutlicher als zuvor: „Ab jetzt gibt es nur noch rein polizeiliche Lösungen“, erklärte der Vertreter der konservativen „Volkspartei“, Rodolfo Martin Villa, und der sozialistische Vizepräsident der baskischen Regierung, Ramon Jauregui, kommentierte, es sei Sarkasmus, jetzt von einer Reintegration reuiger Etarras zu reden.

Die Vertreter der baskischen Parteien hingegen äußerten sich zurückhaltender und wollten die Hoffnung auf eine Wiederanknüpfung des Dialogs nicht aufgeben. Auch die Regierung wohl nicht: Auf die Frage, ob die in Algerien lebenden Etarras nun ausgewiesen werden, wollte Innenminister Corcuera keine Antwort geben. Vielleicht kann man sie dort ja noch einmal brauchen.

Antje Bauer Kommentar auf Seite 4