: Schlag ins Gesicht
■ Kanzler demonstriert Härte gegen Hungerstreikende
Heute, 73 Tage nach Beginn des Hungerstreiks, gibt es nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, daß die verantwortlichen Politiker der christlich-sozialen Parteien eine Lösung zur Beendigung des Streiks wollen. Im Gegenteil. Er nehme Tote in Kauf, spielte sich der baden-württembergische Justizminister zum Herrn über Leben und Tod auf - und erhielt prompt Rückendeckung seines obersten Dienstherrn in Bonn. „Der Staat ist nicht erpreßbar“, bekräftigte der Kanzler gestern die tumbe Pose der Macht. Die beängstigende Dimension seiner Worte machte er selber deutlich: „Das ist ein Wort des Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland, auf das sich die Bürger verlassen können.“ Es steht Schlimmes bevor.
Erneut wurde all denen ein Schlag ins Gesicht erteilt, die seit Wochen um eine politische Lösung ringen: Darum, daß der Staat Stärke beweist, statt tödliche Härte zu demonstrieren; darum, daß Humanität, politische Vernunft und Einsicht die Oberhand gewinnen; darum, daß nicht ohnmächtige Wut keinen anderen Weg als die neue Eskalation finden kann. Alle, die dies - aus unterschiedlichen Motiven - vermeiden wollten, sie alle sind in ihre Schranken, in ihre Ohnmacht verwiesen.
Es obsiegt die Linie des Generalbundesanwalts: Rache. Er war es, der schon 1977 während der Schleyer-Entführung die Änderung des Artikels 102 Grundgesetz forderte, der da lautet: „Die Todesstrafe ist abgeschafft.“ Die Chancen, diese Linie zu durchbrechen, sind mit dem Kanzler-Wort gegen Null gesunken. Und doch - es gilt zu beweisen, daß es dabei bleibt: Die Todesstrafe ist abgeschafft. Statt weiterhin den Konsens mit diesen Demokraten zu suchen, muß die SPD die politische Alternative jetzt offensiv vertreten.
Maria Kniesburges
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