: Strobl-Prozeß: Auch das Wort „Freispruch“ fiel
■ Im Strobl-Prozeß weist Richter Arend daraufhin, daß keine Beweise für die Mitgliedschaft in den Revolutionären Zellen vorliegt In Frage käme aber eine Verurteilung wegen „Unterstützung“ der RZ / Bundesanwaltschaft in Nöten
Eine deutliche Wende zeigte sich gestern am 16.Verhandlungstag des sogenannten Strobl-Prozesses vor dem 5.Strafsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf. In einer „Zwischenbewertung“ des Senats wies der Vorsitzende Richter Arend daraufhin, daß die Bundesanwaltschaft keine ausreichenden Beweise für eine Verurteilung von Ingrid Strobl wegen Mitgliedschaft bei den Revolutionären Zellen vorgelegt habe. Wenn überhaupt, käme eine Verurteilung wegen „Unterstützung“ der Revolutionären Zellen oder wegen Beihilfe an einem Sprengstoffdelikt in Frage. Das Strafmaß für die Mitgliedschaft in den Revolutionären Zellen geht von einem bis zu zehn Jahren Haft, wegen Unterstützung von einem halben Jahr bis zu fünf Jahren. Auch die Alternative „Freispruch“ zählt der Richter auf.
Zwar geht das Gericht nach der Erklärung des Richters weiterhin davon aus, daß die Revolutionären Zellen grundsätzlich abgeschottet arbeiten - eine der Grundvoraussetzungen für die Anklage gegen Ingrid Strobl wegen Mitgliedschaft bei den Revolutionären Zellen - doch Richter Arend gab zu, daß es auch „Randbereiche“ und „Zwischenphasen“ gebe. Zur genauen Klärung des Vorwurfs habe die Anklage keine Beweise erbracht.
Eine Entscheidung hänge von dem „Kernproblem“ ab: Läßt sich feststellen oder nicht, ob Ingrid Strobl sich in eine Situation „verstrickt“ hat, oder ob sie den Wecker - der laut Anklage bei einem RZ-Anschlag benutzt worden sein soll
-, bewußt und mit entsprechender Absicht gekauft hat. Zur Klärung dieser Frage aber hat die bisherige Beweisaufnahme noch keine Erkenntnisse gebracht. Folgerichtig war die Frage eines Beisitzenden Richters an Ingrid Strobl, ob sie bereit sei zu sagen, mit wem sie über den Verdacht gegen sie geredet habe, nachdem sie von einer Überwachung informiert worden war. Mit der Erklärung, daß damit weitere Personen in die Ermittlungen gezogen würden, lehnte Ingrid Strobl eine Antwort ab. Aufgrund der „Zwischenbewertung“ forderte Arend forderte die Verteidigung auf, die Beweisanträge, die sie zur Struktur der Revolutionären Zellen gestellt hatte, zurückzunehmen. Den Beweisanträgen, mit denen die Verteidigung weiter klären will, ob Ingrid Strobl zweifelsfrei als Käuferin eines bei einem Anschlag benutzten Weckers zu identifizieren sei, hat das Gericht stattgegeben.
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