: Vermieter-Visionen
■ Bund der Berliner Haus- und Grundbesitzervereine kritisiert Koalitionsvereinbarung zur Wohnungsbaupolitik / Einfrieren der Mietpreise sei kontraproduktiv
Befremden hat der Bund der Berliner Haus- und Grundbesitzervereine gestern geäußert, daß der Regierende Momper sie in seiner Regierungserklärung vergessen hatte. Der Senat stehe auf Seiten der Mieter, hatte dieser verkündet. Aber, so die Häuslebesitzer, der Senat habe nach Verfassung und Amtseid allen Bürgern der Stadt zu dienen, also auch den Vermietern.
Wie schon zuvor der Landesverband Freier Wohnungsunternehmen haben auch Grundbesitzer jede Menge Argumente gesammelt, warum die Wohnungspolitik des Senats ihnen nicht im geringsten entgegenkommt. So sei beispielsweise die Mietrechtsinitiative von Bausenator Nagel „kontraproduktiv“. Ein Einfrieren der Mieten würde Vermieter nur noch weiter verunsichern und die Investitionsneigung mindern. Und daß eine Begrenzung der Mieten eine soziale Tat sei, mochte Blümmel, der Pressesprecher der Grundbesitzer, anzweifeln: „Niedrige Mieten sind, um es zu typisieren, praktisch ein Programm für das alleinstehende doppeltverdienende AL-Lehrerehepaar und altgediente Gewerkschaftsfunktionäre, die in großen billigen Altbauwohnungen oder als Fehlbeleger in Sozialwohnungen sitzen.“
Blümmel zitierte aus einer Studie des Emnid-Instituts, einer Umfrage, die Ende vergangenen Jahres im Auftrag des CDU-FDP-Senats bei 1.123 wahlberechtigten (!) Bürgern durchgeführt wurde. Daraus ergebe sich, daß nur 24 Prozent der Berliner für eine Abschaffung des Weißen Kreises seien, und nur sechs Prozent der Mieter hätten sich dafür ausgesprochen, die Mieten zu senken. Die gesamte Studie wollte er jedoch nicht vorlegen. Das sei Angelegenheit des Bausenators, so Blümmel. Der relativierte in einer Pressemitteilung auch gleich die „Schmusezahlen“ aus der Studie. Immerhin, vervollständigte Nagel die Studie, plädierten 60 Prozent der Berliner, die eine Wohnung suchen, für die Abschaffung des Weißen Kreises.
Ungeachtet dieser Diskrepanzen möchte der Bund die Wohnungsbaubestrebungen des Senats unterstützen. Allerdings sei die Einhaltung einiger Prämissen unabdingbar. So sollen unter anderem die Wohnbauflächen im Flächennutzungsplan nicht reduziert werden, eine höhere Bauverdichtung in den Innenstadtbereichen erreicht und mehr Kreativität beim Aufspüren potentieller Bauflächen an den Tag gelegt werden. Diese Kreativität, von Blümmel als Vision bezeichnet, könnte beispielsweise eine Bebauung von Parkinseln, die im Rahmen einer angestrebten autoreduzierten Stadt überflüssig wären, konzipieren. Der Ankauf von Grundstücken der DDR wäre auch nicht auszuschließen. Für den Wohnungsbau für Aus- und Umsiedler sicherlich eine reizvolle Variante: im Westen und doch auf heimischer Scholle.
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