: Aktion für psychisch Kranke
■ Tagesstätten von Stellen-Kürzung bedroht
„Was machst Du den ganzen Tag lang zu Hause, wenn Du 25 Jahre bist?“ fragt Gabriele Saska. Sie ist Sozialpädagogin im „Wichernhaus“, einer von fünf bremischen Tagesstätten für psychisch Kranke. Täglich kommen insgesamt über 60 BesucherInnen hier hinein - viele von ihnen haben vorher Wochen, Monate oder auch Jahre in psychiatrischen Kliniken verbracht. In dem gutgemeinten Bremer Konzept für Menschen, die psychisch krank waren oder es noch sind, spielen die Tagesstätten eine zentrale Rolle, um den BesucherInnen eine sinnvolle Tagesstruktur anzubieten. Die Gäste kommen völlig freiwillig und je nach persönlichem Bedarf - manche mehrmals täglich, manche nur viermal im Monat. „Aber die Häufigkeit hat nichts mit dem Betreuungsbedarf zu tun“, erklärt Saska. „Wer selten kommt, braucht oft einen Menschen für ein, zwei Stunden ganz für sich.“
Die fünf Tagesstätten („Villa Wisch“ in Sebaldsbrück, „Klamottencafe“ in der Neustadt, „Cafe Klatsch“ in Walle, „Wichernhaus“ am Dobben und „Nord“ in Vegesack) sehen ihre Arbeit in der jetzigen Form ernsthaft bedroht. Zwar hatte die Deputation vor zwei Jahren gemäß der Konzeption das Minimum von drei vollen Stellen pro Einrichtung befürwortet, aber nur 2,5 Stellen sind bis heute besetzt worden. Die Tagesstätten überbrückten mit ABM. „Wenn uns jetzt die zugesagten 20 Stunden nicht besetzt werden, müssen wir das Angebot hier drastisch einschränken“, erklärt Wichernhaus -Mitarbeiterin Saska. Denn auch die rettende ABM-Stelle läuft Ende Mai aus. Das bedeutet: Die Öffnungszeiten (47 Stunden pro Woche an sechs Tagen) werden verkürzt, die „lebenspraktischen Hilfen“ eingeschränkt, Beratungstermine womöglich nach Terminen vorgenommen - was nicht Sinn der Sache war.
Ohne regelmäßige, „ansprechbare“ Anwesenheit der MitarbeiterInnen sind gerade die weiblichen Gäste leicht von den lauten Stimmen und der Dominanz der Männer irritiert. Gabriele Saska: „Wenn niemand von uns im Raum ist, sind die Frauen oft verschreckt und kommen dann nicht wieder. Wir kennen die meisten Besucher und können in schwierigen Situationen oder an schlechten Tagen Angebote machen, ablenken...“
Für die Tagesstätten in Walle und Neustadt spitzt sich die Lage ebenfalls zu. Die ohnehin mit ABM nur leidlich aufrecht erhaltene Versorgung ist bedroht, persönliche Unterstützungen bei Bank- und Behördengängen, Freizeitangebote, Sport und auch die begehrten Tagesfahrten stehen auf dem Spiel. Davon sind besonders schwer heilbare BesucherInnen betroffen, die als Alternative nur das Heim hätten.
S.P.
Heute, 15.30 Uhr, wollen die Tagesstätten auf dem Marktplatz gegen die Kürzung protestieren.
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