Wann geht Berlins Polizeipräsident?

■ Nach der Randale in Kreuzberg offener Konfikt zwischen dem SPD-Innensenator und der Polizeiführung

Berlin (taz) - Die Kreuzberger Krawalle haben zu einem offenen Konflikt zwischen dem sozialdemokratischen Innensenator, Erich Pätzold, und der Polizeiführung Berlins geführt. Pätzold verteidigte auch nach den schweren Ausschreitungen das polizeiliche Prinzip der Deeskalation weiter. Dagegen hatte der Berliner Polizeipräsidenten Schertz dem Innensenator in Fernseh vorgehalten, den polizeilichen Handlungsspielraum durch politische Vorgaben „auf Null reduziert“ zu haben. Außerdem sei das Prinzip der Deeskalation nun gescheitert. Gegenüber der taz antwortete der Innensenator ausweichend auf die Frage, wie lange sein Polizeipräsident nach der öffentlichen Chef-Schelte noch im Amt bleiben könne. Pätzold: Man müsse sehen, ob Schertz das „Prinzip der Deeskalation auch bei starkem Gegenwind durchhalten“ könne.

Zuvor hatte die Gewerkschaft der Polizei (GdP) das Ergebnisprotokoll einer Polizeidienstbesprechung zwischen Pätzold und der Einsatzleitung veröffentlicht. Darin heißt es unter anderem, daß Pätzold sich trotz des Einwandes der Polizei dagegen ausgesprochen habe , gegen Vermummte an „lagebedingt günstigen Orten“ vorzugehen. Daß die Polizei nicht „sichtbar“ sondern in Nebenstraßen postiert werden sollte, „nimmt der Fortsetzung/Interview Seite 2

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Senator in Kauf, auch wenn dadurch Schäden in Einzelfällen“ durch Zeitverzug auftreten sollten, heißt es weiter. Pätzold, dem die GdP wegen dieser Äußerungen „die alleinige Verantwortung“ für die Krawalle anlastet, möchte diese angeblichen „Weisungen“ nun als bloße „Meinungsäußerung“ verstanden wissen. Mit Polizeipräsident

Schertz will er nun ein „Gespräch“ führen - seine Äußerungen seien offenbar „falsch in die Polizei übersetzt worden“.

Die Berliner CDU hat inzwischen die Suspendierung des Innensenators gefordert, die ultra-rechte Polizeigewerkschaft im deutschen Beamtenbund und die 'Republikaner‘ verlangen seinen Rücktritt. Rückhalt findet Pätzold zur Zeit nur bei der etwa tausend Mitglieder starken Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Polizisten. Deren Sprecher, Jörg Kramer, verteidigte die Deeskalationsstrategie, „weil es zu ihr keine Alternative gibt“. Knüppeleinsätze lehnte er ab. Stattdessen müsse darüber geredet werden, wie Steinewerfer und andere Militante festgenommen werden könnten.%%

ccm