Gelungene Provokation-betr.: Kurzmeldung: "Fries friedlich", taz vom 17.5.89

Betr.: Kurzmeldung: „Friess friedlich“, taz vom 17.5.89

Konnte ich mich lange nicht entschließen, auch noch was zum 1.Mai zu schreiben, und sind mittlerweile die verschiedensten LeserInnenbriefe zum Thema erschienen, so hat mich heute morgen die Überschrift: „Friess friedlich“ doch noch provoziert.

1. Kein Verständnis hab‘ ich, wenn Thomas Rogalla sich vor die ZDF-Kamera setzt und verkündet, es wären meterweise LeserInnenbriefe distanzierender Art eingegangen. Sollte das so sein, dann habt Ihr aber verdammt unquotiert veröffentlicht, was pro und contra, Distanzierung, Tolerierung und Befürwortung der Revolte angeht.

2. Kein Verständnis hab‘ ich für Nowakowski, wenn er es nicht geregelt kriegt, die Kritik seitens verschiedener ALerInnen an der Distanzierung der AL differenziert rüberzubringen. Was er sich gegenüber MdB Friess erlaubt, finde ich unter aller Würde. Und heute die Meldung zu Friess müßte doch unter dem Etikett „Richtigstellung“ laufen, soll sie überhaupt einen Sinn haben. Oder?

3. Kein Verständnis habe ich für 1. und 2., unter der Voraussetzung, daß die taz Journalismus macht, der jenem Begriff gerecht zu werden versucht.

Verstehen kann ich Thomas Rogalla und Gerd Nowakowski schon: Auch (journalistische) Macht macht blind. Und wach zugleich für die hemmungslose Ausnutzung dergleichen. (...)

Helmut Brinkmann, Berlin 65

Anmerkung der Redaktion zum besseren Verständnis:

Vor der Kamera habe ich gesagt, daß meterweise distanzierende Post eingegangen ist. Im gleichen Satz habe ich dann gesagt, daß sich viele Leser aber auch differenziert mit den politischen und sozialen Ursachen der Randale auseinandersetzen und sich nicht pauschal distanzieren. Unter hemmungsloser Ausnutzung des ZDF -Schneidetischs fiel die zweite Hälfte meiner Aussage raus.

Thomas Rogalla