FDJ - „Kampfreserve der Partei“

Die Gründung eines einheitlichen Jugendverbandes für ein nachfaschistisches Deutschland war schon auf der „Brüsseler Konferenz“ der Exil-KP 1935 beschlossene Sache. Hunderte von jungen deutschen Emigranten wurden daraufhin zwischen 1935 und '45 in Komsomolschulen in der UdSSR auf ihre künftige Aufgabe vorbereitet.

Das Konzept einer neuen Form der Jugendorganisation, mit dem die „Gruppe Ulbricht“ am 30.4.45 nach Deutschland zurückkehrte, wurde '43 an der Kominternschule in Ufa/UdSSR entwickelt. Noch im Juni '45 einigten sich KPD und SPD, „auf die Bildung einiger Jugendorganisationen zu verzichten“. Daraufhin entstand im September der „Zentrale Antifaschistische Jugendausschuß für die sowjetische Besatzungszone“, in dem auch noch Repräsentanten kirchlicher Organisationen vertreten waren. Noch vor dem Vereinigungsparteitag von KPD und SPD im April '46 wurde dann die FDJ gegründet. Vier Jahre später, zum 3.Parteitag der SED '50, bekannte sich die FDJ offen „zur führenden Rolle der Arbeiterklasse und ihrer Partei“.

Auch die politischen Karrieren der 1.Sekretäre der FDJ unterstreichen die Bedeutung als Sozialisationsinstanz, die ihr von der SED beigemessen wird und die sie zur „Kampfreserve der Partei“ werden ließ. Außer Honeckers Nachfolger Namokel wechselten alle auf 1.Sekretärsposten wichtiger SED-Bezirksleitungen oder, wie Egon Krenz, auf den stellvertretenden Vorsitz des Staatsrates. Auch der jetzige Sekretär, Betonfacharbeiter und Lehrer Eberhard Aurich, sitzt bereits im Staatsrat.

Hatte die FDJ in den fünfziger Jahren vornehmlich politisch -ideologische Aufgaben, traten diese in den sechzigern Jahren zugunsten einer stärkeren Betonung beruflicher Qualifikation zurück. Die partielle Liberalisierung wich Ende der Sechziger einer erneut verschärften Ideologisierung, nicht zuletzt als Folge des „Prager Frühlings“.

Heute erfaßt die FDJ etwa drei Viertel aller Jugendlichen zwischen 14 und 25 Jahren, wobei der Organisationsgrad der Oberschüler und Abiturienten bei fast 100 Prozent liegt. Schulen und Universitäten hat sie fest in der Hand. Auch in den meisten größeren Betrieben ist sie vertreten. Doch werden immer wieder neue Versuche unternommen, insbesondere die Arbeiterjugend zu erreichen, die seit jeher unterrepräsentiert ist. Allerdings stellt sie im Vergleich zu ihrer Mitgliederstärke übermäßig viele Kader.

Ohne die FDJ läuft im Freizeitbereich für die Jugendlichen so gut wie gar nichts. Alle Jugendclubs unterliegen der FDJ -Aufsicht. Selbst die Diskjockeys sähe man gerne noch als „Kulturfunktionäre“, die die zentral ausgegebenen „Kampfprogramme“ und „Aufträge“ den schmusenden Jungaktivisten zur Selbstverpflichtung nahebringen sollten.

Klaus-Helge Donath