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Bremen-Nord: Ökologie auf dem Schrottplatz

■ Arbeitslose planen Auto-Wertstoff-Recycling in Bremen-Nord / Langfristig können 12 dauerhafte Arbeitsplätze entstehen

Aktiver Umweltschutz und die Schaffung von neuen und dabei tariflich abgesicherten Dauerarbeitsplätzen - das sind die Ziele des Modellprojekts „Auto-Wertstoff-Recycling“ (AWR) in Bremen-Nord.

Die Initiative zu diesem Projekt ging von einem Arbeitskreis arbeitsloser GewerkschafterInnen in Bremen-Nord aus. Ökologisches Autorecycling - auf diese Marktlücke stießen die Arbeitslosen, als sie intensiv nach neuen Beschäftigungsmöglichkeiten und Beschäftigungsförderung in Bremen-Nord suchten.

Im Herbst 1988 begannen die ersten Planungen für das Recycling-Projekt. Gemeinsam mit der „Zusammenarbeit außerbetrieblicher Ausbildungsträger“ (ZAB) in Vegesack entwickelte der Arbeitskreis arbeitsloser GewerkschafterInnen ein Konzept. Um die Unabhängigkeit vom DGB zu sichern , hoben die InitiatorInnen einen Trägerverein aus der Taufe: den „Verein zur Gründung sozialer Beschäftigungsinitiativen in Bremen-Nord.„

Allein in Bremen-Nord sind 45.000 Autos zugelassen. Davon fallen Jahr für Jahr rund 5.000 zur Verschrottung an. Die Zahl der Neuzulassungen steigt unterdessen weiter an.

Bisher werden alte Autos noch verschrottet, ohne daß die Kunststoffe von Innenverkleidung, Pol

stern und Armaturen recyclet werden: Das Schrottauto wird zur Zerkleinerung komplett durch eine Schrenneranlage gejagt. Anschließend werden die Metalle maschinell von Kunststoffen getrennt: Die Metalle werden eingeschmolzen, die Kunststoffe wandern auf Hausmülldeponien.

Das „Auto-Wertstoff-Recycling„-Projekt hat sich jetzt vorgenommen, die Kunststoffe, aber auch die sog. Nichteisen -Metalle wie Aluminium, der Wiederverwertung zuzuführen. „Autos sollen so zerlegt werden, daß etwas Verwertbares entsteht,“ sagt dazu Benno Savioli vom ZAB.

Und Klaus Buschmann erläutert das Hauptproblem beim Autorecycling: „Sämtliche Kunststoffe müssen aus dem Auto raus und sortenrein sortiert werden.“ Nur dann könnten sie wiederverwertet werden. „Damit entfällt die umweltbelastende Vernichtung, und das ist ein wesentlicher ökologischer Fortschritt.“ Auch recyclebares Aluminium müsse ähnlich sorgfältig aus dem Auto entfernt werden um „hochwertigen Schrott“ zu erhalten, so Buschmann.

Und der Schrottverwerter nennt weitere Öko-Knackpunkte des Auto-Recyclings: Die diversen autointernen Flüssigkeiten zum Beispiel. Brems- und Kühlflüssigkeiten fallen an, Altöle sind ein Problem für sich - we

gen der Dioxine im Getriebeöl beispielsweise.

Zehn bis zwölf Dauerarbeitsplätze sollen bei dem Auto -Wertstoff-Recycling-Projekt entstehen. Karl Wöstmann vom ZAB: „Bremen-Nord ist mit seinen vielen Dauerarbeitslosen das ideale Umfeld für das Projekt.“ Viele der Arbeitslosen dort kämen nämlich aus dem Schiffbau. Dies sei insofern nützlich, als ein großer Teil der Arbeitsvorgänge von Schiffbau und Schrottverwertung verwandt seien.

Im Umgang mit den Werkstof

fen sieht der ZAB ein Feld für die Qualifizierung der MitarbeiterInnen. Für die Kunststoffverwertung gäbe es nämlich keine brauchbaren Technologien. Benno Savioli: „Langfristig wünschen wir uns einen Know-How-Transfer mit Wirtschaft und Universität.“

Zur Finanzierung hofft die Projektgruppe auf etliche Töpfe: auf Geld aus dem EG-Sozialfond, auf das Wirtschaftsaktionsprogramm des Senats und auf das Programm „Arbeit und Umwelt“. Die MitarbeiterInnen sol

len zu Beginn ABM-Kräfte sein - streng nach gültigem Tarif bezahlt: „Auf Billiglösungen lassen wir uns nicht ein,“ betonen die GewerkschafterInnen. Rund eine Million Mark werde das Projekt jährlich kosten.

Geklärt werden muß noch die Gesellschaftsform des künftigen Betriebes. Dabei steht eines schon fest: „Es wird ein Betrieb in Arbeitnehmerhand.“ Und wenn die Grundstücksverhandlungen abgeschlossen sind, dann wird der eigentliche Betrieb im Frühjahr 1990 losgehen.

ub/taz

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