: Kostüm meets Ausdruckstanz
■ Wenn Tänzer und Musiker auf Mode treffen, kommt SKWAROW? dabei raus
Zu einem interdisziplinären Projekt kommt ein interdiszipliniertes Publikum. Die Rechtzeitigen besitzen unauffällig angezogen die ersten vier Reihen im Orchesterboden vom Packhaus. Die Modebewußten züglern gekonnt nach . „Wo ist Mary?“, ruft's aus dem Hinterhalt. Warum antwortet bloß niemand? Neben mir lehnt sich Cleopatra -2000 an ihren brünetten Tod aus Venedig. Da geht das Licht aus. Zwei Musiker verteilen sich um die kleine Bühne: der Gitarrist Herbert Janßen und der Experimental-Percussionist Thomas Buts (Wasch-schüsselstyroporfeuerhaken-Percussion). Auf der Bühne ein mekkaschwarz verhangenes Kastenensemble. So wie das steht und schweigt, wird sicher viel herauskommen. Es plätschert los. Der Percussionist gießt Wasser von links nach rechts ab. Da - ein Urknall. Das Publikum zuckt zusammen wie ein Sünder. Aber nur eine Menschenhand schiebt sich aus dem Schwarz (Valerian K. Schidzick). Zum Kreissägenvivace kommt die Hand mit Tänzer dran hervorgekrochen. Hinter ihm öffnet sich eine Art senk
rechter Gucksarg. Rollos heben sich und geben den Blick frei auf unbewegliche Modellkleider (Sissi Henneböhl) mit Frauen drunter. Das erste Kleid hat zweifarbige Brüste. Das ist schick, ist das neu? Der Tänzer zuckt zusammen, obwohl er gar nicht hingekuckt hat. Ein Kreissägen-Solo zerreißt den Zusammenhang und das Trommelfell; auch der Tänzer windet sich. Rollos hoch: kniebespieltes, unbewegliches Nachmittagsensemble. Über das gelbe Stirnband des Tänzers werfen sich ekstatisch die ersten Haarsträhnen. Rollos hoch für ein schwarzes Bolero-Kostüm mit lachsrosa Jäckchenhälfte. Wenn das keine Avantgarde ist, was ist dann Avantgarde? Durchgedrehtes Waschbrett von links. Rollos hoch zum Kleinen Knallfroschgrünen. Tänzer von rechts mit Ausdruck des Nichtbegreifens und darüber Nachdenkens. Die Modebewußten lachen. Die Unbewußteren gehen. Rollos hoch: Ein changierendes Schößchenkostüm in knallfroschgrün vor strauchelndem Tänzer. Halb zieht es ihn, halb fällt er hin. Immer noch nicht vesteht er die
Welt. Rollos hoch für eine postmoderne, starre Kittelschürze (sind wir nicht alle Puppen?), Tänzer meets West-Side-Story. Von links und rechts musikalische Fensterleder. Da - eine besonders zermatschte Fleischfliege. Tänzer meditiert über Pflastersteinen. Rollos hoch: Gals-Friesennerz mit Banderole als Rockandeutung. Tänzer kommt mit Bürostuhl. Wird er sich setzen? Na? Naa?? Nein! Doch!! Rollos hoch für einen knallfroschgrünen Mantel mit kardniallila Schultertuch. Tänzer faßt sich an Hals und verendet eventuell, was so ermordet aussieht wie bei Marat, bloß ohne Badewanne und nach vorne. Seine Hände wollen greifen, und bleiben leer -fassen sie doch in's Nichts. Das letzte Modelkleid raucht eine bewegliche Zigarette. Gewagt ist des Pudels Kern! Die Waschschüsseln ersterben. Verbeugung, die Schöpferin, der nach eigenen Angaben herkömmliche Modenschauen „nicht gerecht werden“, strahlt in knallfroschgrün. Möglicherweise war noch irgendwo ein echtes Knallfröschchen. Claudia Kohlhas
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