: 750.000 Mark zum Ersten ...
■ 7 Bewerber für Bremer Fernseh-Frequenz / SAT 1 machte das lukrativste Angebot: 750.000 Mark jährlich
Am Freitagnacht war Abgabeschluß für die BewerberInnen um die dritte „terrestrische“ Fernsehfrequenz. Vom Bremer Turm aus können 1-2 Millionen Menschen per Antenne erreicht werden, und nachdem die ARD-und ZDF-Ableger 3SAT und 1plus die ersten beiden neuen Frequenzen erhielten, soll nun ein „Privater“ zum Zuge kommen. Die Liste der Bewerber ist lang: Tele 5, Pro 7, RTL plus, SAT1 und der nordrhein-westfälische Anbieter „Kanal 4“ haben ihr Interesse angemeldet. Nach dem Landesmediengesetz soll dem Anbieter der Vorzug gegeben werden, der die „örtlichen Interessen aus dem kulturellen Bereich“ berücksichtigt.
„Interessen“ ist dabei gut mit Geld übersetzt. Schon lange bevor es das Landesmediengesetz gab, ist den privaten Sendern vom Rathaus klar gemacht worden, daß man an der Weser kein Interesse an einer Werbe-Konkurrenz
zu Radio Bremen hat, kein regionales Fenster also, das als Konkurrenz zu Buten und Binnen dessen Werbe-Etat schmälern könnte. Schon eher eine Finanzierung des Bremer „Instituts Film/Fernsehen“ (BIFF).
In den monatelangen Verhandlungen wurde der Sender „Tele 5“ auf die Fährte mit dem Magazin gesetzt - mittags sollte es stattfinden, denn ernsthafte Konkurrenz zu Buten&Binnen traut sich derzeit niemand zu. Aber Wolfgang Fischer, Geschäftsführer von „Tele 5“, gibt in Hamburg 3,2 Millionen Mark jährlich für ein Regionalmagazin aus - das spielt kein Mittagsmagazin mit Werbung ein. Einen konkreten Zeitpunkt für das Mittagsmagazin will Fischer deswegen nicht anvisieren. Vielleicht ändert sich die Lage irgendwann, vielleicht muß Buten&Binnen ins Dritte Programm weichen, um der ARD - wie andere Regionalschauen - das Geschäft mit den kostbaren
Werbeminuten zwischen 19 und 20 Uhr zu überlassen.
Aus dem Rathaus wissen die „Privaten“ aber auch, daß ein Essential für die neue Bremer Frequenz die Ausstattung des „Filminstituts“ ist, in dessen Geschäftsführung der ehemalige Staatsrat Hans-Helmut Euler wechselte. 500.000 Mark jährliche Finanzierung will „Tele 5“ auf den Tisch legen.
Bei RTLplus sieht der Obulus ähnlich aus: 500.000 Mark. RTLplus-Geschäftsführer Starke war von Euler in den Verhandlungen mit der Forderung konfrontiert worden, Filme des Instituts zu senden. Das müßten aber Filme sein, die „kommerziell verwertbar“ sind, wendet Starke ein - nachdem RTLplus die bittere Erfahrung gemacht hat, wie man sich durch Verträge Einschaltquoten-Killer ins Haus holt. Kluge zum Beispiel.
SAT 1 liegt unter den rein kommerziellen Anbietern an der
Spitze: 750.000 Mark jährlich für das Filminstitut wollen die Kölner auf den Tisch legen, zudem ein Wissenschaftsmagagzin in Zusammenarbeit mit „Spectrum“ in Bremen produzieren. Also Arbeitsplätze schaffen. SAT 1 will so tief in die Tasche greifen, weil es beim Kampf um die terrestrisch erreichbaren Haushalte knapp hinter RTLplus liegt. SAT1 muß um fast jeden Preis verhindern, daß die Differenz zu groß wird und auf die Werbungs-Preise durchschlägt.
Alternative Kanal 4?
Auf einem ganz anderen Bewerbungsblatt stehen die alternativen Fernsehmacher von Kanal 4. Sie haben sich, so Geschäftsführer Klaus Keuter, „wie alle anderen Antragsteller auch um ein Vollprogramm beworben.“ Allerdings nicht allein, sondern mit einem kommerziellen Partner im Team, dessen Namen Kanal 4 nicht nennen wollte. In NRW, wo
„Kanal 4“ bereits im Huckepack-Verfahren auf RTL-und SAT1 -Frequenzen ausgestrahlt wird, plant man selbst für 1990 lediglich 24 Stunden RTL plus 12 Stunden SAT1. In Bremen fordert Kanal 4 eine Lizenz für ein Gesamtvolumen von 180 Stunden im Jahr, die man zwischen 15 bzw. 17 und 24 Uhr ausstrahlen möchte. Kanal 4 verspricht als regionales Bonbon die Beteiligung der Bremer Filmszene rund um das Bremer Filmbüro e.V. Geschäftsführer Keuter: „Wir wollen die Idee, die hinter Kanal 4 steckt, auch in anderen Bundesländern realisieren.“ Die Idee besteht im wesentlichen darin, alternative „Filmproduzenten am Lizenz-Geschäft zu beteiligen“. Die Bremer Frequenz ist nach Keuter zur „Absicherung und Stabilisierung“ dieser Idee „unbedingt nötig“. Denn: „Wir müssen uns wie alle anderen Privaten aus Werbung finanzieren“.
K.W./P.H.
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