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Zeitvergeudung-betr.: "REPs ziehen nach Norden", taz vom 23.6.89

betr.: „REPs ziehen nach Norden“, taz vom 23.6.89

Bekanntermaßen hat die Geschichtswissenschaft seit dem Regierungsantritt der Konservativen eine gewaltige Renaissance erlebt - obgleich das jüngste Wahlergebnis starke Zweifel an der Tiefe derartiger Beschäftigung mit dem dunkelsten Kapitel der deutschen Vergangenheit aufkommen läßt.

Kein Wunder - sollte es doch nie um eine Aufarbeitung, sondern vielmehr um ein geschicktes Benutzen der Geschichte innerhalb der Propagandamaschinerie zur Rechtfertigung zeitgenössischer Politik gehen. Wohl bekanntestes Beispiel ist der sogenannte „Historikerstreit“ in der 'FAZ‘, bei dem sich neben den Professoren Nolte, Hillgruber und Stürmer auch der Erlanger Lehrstuhlinhaber für Neuere Geschichte, Hellmut Diwald mit Thesen zur politisch/strategischen Rechtfertigung des Holocaust hervorgetan hat.

Doch damit nicht genug: So will Diwald nach Angaben der taz seine kostbare Zeit neuerdings für die Überarbeitung und „Intellektualisierung“ (Schönhuber) des REP-Parteiprogramms aufwenden, und zwar „bei der Formulierung der deutschlandpolitischen Vorstellungen“.

Schlimm genug, daß weniger einschlägig vorgebildete ZeitgenossInnen den rassistischen Parolen der wiederauferstandenen Rattenfänger verfallen, mehr noch erschreckt es, daß ein durch jahrzehntelanges Studium der Ursachen des Faschismus geschulter Mann anscheinend die notwendigen Schlüsse aus der Vergangenheit nicht ziehen konnte.

Solche rechtsextremistischen Interessen des Beamten Diwald verwunderten so manche/n am Erlanger Institut recht wenig, hält sich dort doch seit Jahren hartnäckig das Gerücht einer Parteimitgliedschaft des Dozenten in der NPD. Doch vielleicht ist das nur Ausdruck politischer Kontinuität der Erlanger Universität; so gab es hier den ersten Nazi-AStA in Deutschland.

Prof.Diwald befindet sich am Erlanger Institut in bester Gesellschaft, auch Kollege Stürmer ist stets eifrig bemüht, seine kostbare Zeit zwischen Politik und den lästigen StudentInnen, was ja eigentlich sein Job wäre, aufzuteilen.

Daß derartig intensives Engagement für die neuen alten Ideale ab einem bestimmten Alter für die Gesundheit nicht sonderlich förderlich ist, auch das beweist uns Prof.Diwald. Wegen Krankheit fallen nämlich schon seit über drei Wochen alle seine Lehrveranstaltungen in Erlangen aus - Kraft genug fürs REP-Programm hat's anscheinend noch.

Die Fachschaftenkonferenz der FAU Erlangen

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