: Bald Baustopp für französische AKWs?
Die Französische Elektrizitätsgesellschaft steht am Rande des finanziellen Ruins / Von Schulden geplagt, zieht sie einen Stopp des AKW-Neubauprogramms in Erwägung / Die Regierung soll entscheiden ■ Aus Paris Georg Blume
Die staatliche französische Elektrizitätsgesellschaft „Electricite de France“ (EdF) erwägt derzeit erstmals den völligen Baustopp für Atomkraftwerke in Frankreich. Überkapazitäten und ein Schuldenberg von rund 70 Milliarden DM zwingen mittlerweile den größten Stromproduzenten der Welt zum Umdenken. Nach einer Entscheidung des Aufsichtsrats vom Freitag will es die EdF der französischen Regierung überlassen, zwischen zwei Hypothesen zu wählen. Die eine Variante sieht vor, den Bauauftrag für einen neuen Atomreaktor in Civaux bei Vienne (Mittelfrankreich) ein weiteres Jahr hinauszuschieben. Seit zwei Jahren bereits sind alle AKW-Bauaufträge bei der EdF auf Eis gelegt. Der weitere Aufschub des vorliegenden Auftrags ist in diesem Jahr ein letztes Mal möglich. Andernfalls würde im Bauprogramm des französischen AKW-Herstellers Framatome ein nicht zu schließendes Auftragsloch entstehen.
Die zweite Hypothese, die EdF der Regierung vorschlägt, ist der schlichte Verzicht auf weitere Atomkraftwerke. Die Weiterführung des Bauprogramms im geringstmöglichen Tempo kostet der EdF jährlich annäherend 300 Millionen DM. Der anvisierte Schuldenabbau und dringend nötige Verbraucherpreissenkungen sind damit nicht durchführbar. Der notorische Geldmangel des Unternehmens absorbiert 10 Prozent des nationalen Kreditvolumens und mehr als 15 Prozent der französischen Auslandsschulden. Doch angesichts der Verbrauchsentwicklung steht zweifelsfrei fest, daß die Überproduktionskapazität der EdF auch in den kommenden Jahren erhalten bleibt.
Dem EdF-Spardrang entgegen stehen die Interessen des
Herstellers Framatome und des ebenfalls staatlichen
„Kommissariats für Atomenergie“ (CEA). Das CEA, Wiege der
französischen Atombombe, profitiert vor allem aus
Forschungsaufträgen im Rahmen des AKW-Baus. Ein für
Beobachter überraschendes Ereignis läßt allerdings vermuten, daß auch hier bereits die Würfel gefallen sind. Vor kurzem gab der französische Ministerrat bekannt, daß der derzeitig Vorsitzende des CEA, Jean-Pierre Capron, durch den
ehemaligen Chef der französischen Eisenbahn, Philippe
Rouvillois, abgelößt werde. Diese Entscheidung zeugt in
einer für die französische Atomwirtschaft zentralen
Personalfrage vom neuen Pariser Sparwillen in Sachen AKW.
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