: Deutsche Polizei zum Einsatz nach Namibia
Bundedeutsche Polizisten sollen die UN-Friedenstruppe unterstützen / UN-Generalsekretär hat entsprechende Bitte an die Bonner Regierung gestellt / SPD dafür, Regierung berät und Polizeigewerkschaft dagegen / Südwestafrikanische Polizei soll überwacht werden ■ Von Wolfgang Gast
Berlin (taz) - Das Bundeskabinett will „in Kürze“ beraten, ob bundesdeutsche Polizisten nach Namibia geschickt werden sollen. Der Sprecher der Bundesregierung, Herbert Schmülling, hob gestern eine entsprechende Bitte des UN -Generalsekretärs Perez de Cuellar in den Rang einer „Frage von grundsätzlicher Bedeutung“. Sie werde zur Zeit im Auswärtigen Amt und im Bonner Innenministerium erörtert.
Der Sprecher im Auswärtigen Amt bestätigte, daß die Bitte De Cuellars der Bundesregierung schon einige Wochen vorliege. Unter den 4.650 zur Zeit in Namibia stationierten „Untag„-Mitglieder sind 500 Polizisten. Zur Überwachung der südwestafrikanischen Polzei „Swapol“, die bis zur Unabhängigkeit der ehemaligen Kolonie die Einhaltung der Gesetzte kontrollieren soll, möchte die UNO-Behörde ihr Polizeikontingent auf 1.000 Beamte aufstocken. Der Swapol sind in der jüngtsen Vergangenheit wiederholt Übergriffe auf die Bevölkerung vorgeworfen worden. Besorgt zeigen sich UN -Angehöhrige insbesondere darüber, daß an die zweitausend Mitglieder der früheren südafrikanischen paramilitärischen Einheit „Koevoet“ („Brechstange“) in der
Swapol untergekommen sind. Sollte der UN-Bitte entsprochen werden, würde die Bundesregierung voraussichtlich einen Trupp von 30 bis 50 Bundesgrenzschützern bis zu den geplanten Wahlen im November ins südliche Afrika schicken.
Der Vorsitzende des Gesprächskreises „Südliches Afrika“ der SPD-Bunfestagsfraktion, Günther Verheugen, forderte gestern die Regierung auf, den Wunsch, „Polizeiangehörige aus der Bundesrepublik zur Überwachung des Übergangsprozesses in Namibia zur Verfügung zu stellen, schnell und positiv“ zu entscheiden. Die Vereinten Nationen wären derzeit nicht in der Lage, mit den ihr zur Verfügung stehenden Kräften eine effektive Überwachung der von Südafrika kontrollierten Polizeiangehörigen sicherzustellen. Die Bundesrepublik könne sich darüber hinaus auch nicht der besonderen Verantwortung für die Zukunft der ehemaligen Kolonie „Deutsch Südwestafrika“ entziehen. Die stellvertrende SPD-Vorsitzende Herta Däubler Gmelin kritisierte die zögerliche Haltung Bonns als einen „Skandal“.
Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Hermann Lutz, hat dagegen schon jetzt für den Fall einer positiven Entscheidung massiven Protest angekündigt. Über rechtliche Bedenken hinaus nannte er den Einsatz von Polizisten „unzumutbar“. In Namibia herrsche „die Sprache der Gewalt“. Die Beamten würden sich in kürzester Zeit in Situationen wiederfinden, die nur mit militärischen Mitteln gelöst werden könnten. „Sie müßten alles Gelernte über Bord werfen.“ Derartige Situationen ließen sich in einem Land, „wo die Waffe zur Sprache der Menschen werden mußte“, auch nicht verhindern.
Volker RÜhe, stellvertretender Vorsitzender der Bonner Unionsfraktion will eine Entscheidung in den nächsten Wochen gefällt sehen. Angesichts des zeitlichen Rahmens für die Unabhängigkeit Namibias sei sie „sehr wichtig“.
Deutsche Beamte könnten nach seinen Worten „Vertrauen auf beiden Seiten genießen und eine wichtige Rolle im Befreiungsprozeß spielen“. Rühe trat gestern weiter dafür ein, die Frage auch einer militärischen Beteilung an UN -Friedensmissionen nach der Sommerpause neu zu diskutieren.
Im Auswärtigen Amt wurde gestern betontt, daß sich die Bitte des UN-Generalssekretärs Perez de Cuellar ausdrücklich nur auf den polizeilichen Teil der Untag erstrecke. Wenn Polizisten entsandt würden, hätten sie „keine exekutiven Befugnisse“.
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