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Q U E R S P A L T E Der Sumpf

■ Pilotin Anne Klein ist nur die Spitze des Eisbergs

Ein Riesenskandal erschüttert Berlin bis in die Grundfesten der Mauer. Was ist passiert: Hat der vom rot-grünen Senat nun doch geduldete Import von Atomstrom die Massen empört? Sorgt die anhaltende Polen-Hatz auf dem Krempelmarkt für Aufsehen? Oder bringt die alternative Dauerbenutzung der DDR -Mülldeponien als Abfallklo für den Westberliner Verpackungswahn den Senat unter Druck? Nein, es ist viel schlimmer. Eine Senatorin hat vor Jahren an einem satanischen Kettenspiel teilgenommen, und - jetzt kommt's knüppeldick - sie hat auch noch gewonnen und eine Reihe von Leuten, die blöd genug waren, mitzuspielen, arglistig um ihren Einsatz erleichtert. Schaurig! Die Stadt steht kopf.

Doch Zocker-Anne ist nur die Spitze des Eisbergs. Schon zieht der Skandal Kreise, werden weitere Spieler in den schwarzen Strudel gerissen. Und nicht nur der Berliner Sumpf wird demaskiert, auch die Lasterhöhle in Bonn. In NRW hat es den Ministerpräsidenten erwischt. Bruder Johannes hat beim Bierlachs mit den Arbeiterführern Rappe und Niggemeier im Hinterzimmer des „Lustigen Bergmann“ vier Runden Kölsch abgezockt. Brutal! Auch Töpfer muß gehen: Der Umweltmann trifft sich jeden Donnerstag im Mainzer „Schlößchen“ zum Doppelkopf mit 'Spiegel'-Redakteuren. Beim Damensolo nahm Töpfer den Augstein-Leuten den Wochenlohn ab. Genscher hat, gerade dem Herz-Kasper entronnen, zwei Krankenschwestern beim 17+4 übers Krankenbett gezogen. Vogel spielte Halma mit Lafontaine, Ebermann Schiffe-Versenken (!) mit Frau Ditfurth - und immer war Geld im Spiel.

Jeder dritte Bundestagsabgeordnete besucht regelmäßig Spielbanken, enthüllte der 'Stern‘ und warnt vor der Entvölkerung des Bundestages. Besonders schlimm: Die Zockomanie reicht bis in die Anfänge der Republik zurück: Adenauer spielte Boccia, Erhard Monopoly, Kopf-ab-Jäger mit Murmeln, Wehner mit Schachtelsätzen. Sauber ist bislang nur einer, Adenauers Enkel Helmut Kohl („Hannelore, keiner spielt mit mir!“). Das könnte ihn retten. Kaum noch Rettung gibt es dagegen für Anne Klein. Die AL hat ihr ein letztes Angebot gemacht: Vier Monate freiwilliger Thekendienst im Frauenhaus und die Überschreibung ihres gesamten Vermögens an die Rehaklinik für Spieler. Die Klinik soll auf dem Kreuzberg gebaut werden, dem einzig freien Bauplatz Berlins, der nicht von Spielotheken-Centern besetzt ist. Für den Bau hatte der CDU-Senat bereits 600 Millionen Mark bereitgestellt - aus Lotto-Geldern.

PS: Wetten zum Rücktritt oder Überleben der Senatorin können bis Donnerstag bei der taz eingereicht werden. Höchsteinsatz: 3.000DM.

Manfred Kriener

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