: Bonner „Mittäter“ decken U-Boot-Deal
Wirtschaftsminister Haussmann verbietet Staatsanwaltschaft Aufklärung über U-Boot-Geschäft mit Südafrika ■ Von Wolfgang Gast
Berlin (taz) - Die Bundesregierung tut ihr Bestes, das Ausmaß der „U-Boot-Affäre“ zu vertuschen. Bundeswirtschaftsminister Helmut Haussmann (FDP) hat jetzt einen Antrag der Kieler Staatsanwaltschaft abgelehnt, die gegen die Howaldtswerke/Deutsche Werft AG (HDW) und das Ingenieurkontor Lübeck (IKL) ein Ermittlungsverfahren wegen der Lieferung von geheimen U-Boot-Plänen nach Südafrika einleiten wollte. Nachdem die Bonner Regierungskoalition bereits die Arbeit des parlamentarischen U-Boot -Untersuchungsausschusses erfolgreich blockiert hat, ist damit jetzt auch den Staatsanwälten eine Untersuchung des Ausmaßes des U-Boot-Deals, der Verstrickung der Bundesregierung und damit verbundener Schmiergelder unterbunden worden.
Begründet wurde die Entscheidung im Bonner Wirtschaftsministerium damit, daß es bei den abgelehnten Ermittlungen weder um „Landesverrat“ noch um „illegale Waffenlieferungen“, sondern nur um die „Verletzung formeller Geheimhaltungspflichtungen“ gehe. Wirtschaftsminister Haussmann ließ weiter mitteilen, daß im Falle eines Ermittlungsverfahren durch dessen Langwierigkeit „die Fähigkeit der BRD zur Rüstungskooperation insbesondere mit Nato-Partnern beinträchtigt“ würde.
Der SPD-Obmann im U-Boot-Ausschuß, Norbert Gansel, kommentierte gestern: „Die Bundesregierung nährt den Eindruck, daß durch ihre Entscheidung die Täter durch die möglichen Mittäter beschützt werden.“ Tatsache sei, daß Mitglieder der Bundesregierung vor der Aufnahme der illegalen Lieferung der Pläne an Südafrika im Detail gewußt haben. Mitwisser waren u.a. der damalige Finanzminister Stoltenberg, Ex-Verteidigungschef Wörner, das Bundeskanzleramt und der mittlerweile verstorbene Ministerpräsident Franz-Josef Strauß. Die Bundesregierung hätte befürchten müssen, „daß auch sie in den Strudel staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen geraten könnte“, so SPD-Rüstungsexperte Gansel.
Die Kieler Staatsanwaltschaft hatte ihren Antrag bereits im März an das Bonner Ministerium gerichtet. Ihr sind in diesem Fall Ermittlungen ohne eine ausdrückliche Ermächtigung des Wirtschaftsministers nicht gestattet. Aus einem vertraulichen Protokoll einer Besprechung im Wirtschaftsministerium vom 24. Mai geht hervor, daß Wirtschaftsminister Haussmann mit der jetzigen Entscheidung den damaligen Vorschlägen aus den verschiedenen Regierungsressorts gefolgt ist. Die Vertreter der Verteidigungs-, Justiz-, Finanzministerien hatten sich in dem geheimen Protokoll (siehe taz vom 23. Juni) zusammen mit dem Kanzleramt in bemerkenswerter Einigkeit darauf verständigt, den Skandal zu vertuschen. Mitarbeiter des Verteidigungs- und Wirtschaftsministeriums wurden dem Papier zufolge darauf hingewiesen, „daß die mit der Verweigerung der Ermächtigung zwangsläufig verbundene Durchbrechung des Legalitätsprinzipes hingenommen werden könne, weil der Unrechtsgehalt, der mit einer Weitergabe von VS-Sachen (Verschlußsachen, d. Red) an Südafrika verbunden wäre, verhältnismäßig gering zu bewerten ist“. Die Ministerialenrunde hatte sich auch die Befürchtung zu eigen gemacht, daß mit der Einleitung eines Verfahrens gegen die HDW und IKL „mit nachteiligen Folgen für die weitere wirtschaftliche Entwicklung der beiden Firmen zu rechnen ist“. Zwar müsse damit gerechnet werden, daß auch eine Verweigerung der Ermittlungsgenehmigung „negative Publizität“ auslösen könnte. „Diese Folge sei aber unter Abwägung aller Umstände eher hinzunehmen“.
Siehe auch Kommentar S.
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