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Segregation im Schwarzwald

■ Eine eigene Liga für ausländische Clubs / „Wir werden rausgeschmissen“

Villingen (taz) - Als höchst politische Entscheidung empfinden die elf ausländischen Fußballclubs im südbadischen Fußballbezirk Schwarzwald das, was für den Bezirksvorsitzenden Franz Kern eine „reine Sachentscheidung“ ist: Von der kommenden Saison an, so stellten die elf Clubs kürzlich beim Bezirkstag im Hochschwarzwald zu ihrer Überraschung fest, sind sie von den Funktionären allesamt in die Staffel II der Kreisliga B eingeteilt, in der dann kein deutscher Verein mehr vertreten ist. Üblicherweise werden die zehn Staffeln nach geographischen Kriterien aufgestellt. Diesmal jedoch wurden fünf Ausländermannschaften aus Villingen sechs weitere aus dem ganzen Bezirk zugeschlagen. Begründung: Die ausländischen Vereine hätten bis auf eine Ausnahme keine zweite Mannschaft gemeldet. Die neue Einteilung, so Kern, ermögliche es den deutschen Clubs, erste und zweite Mannschaft gemeinsam zu Auswärtsbegegnungen zu schicken. Was Kern dabei nicht erwähnt: auch elf deutsche Vereine haben keine zweite Mannschaft gemeldet, sind aber jetzt auf mehrere Staffeln verteilt.

„Das ist eine grausame Sache“, urteilte Giuseppe Gnisci für die Mannschaft des Kultur- und Begegnungszentrums für ausländische Mitbürger (KBZ) in Villingen. Gnisci sieht die neue Staffeleinteilung eindeutig als politische Entscheidung, aber als eine in die falsche Richtung: „Das dient auf keinen Fall der Eindämmung des Rechtsradikalismus, sondern seiner Stärkung.“ Ausländerfeindliche Gefühle würden damit bestätigt. Im Hintergrund der Entscheidung des Bezirks stehen, obwohl das abgestritten wird, die schweren Tätlichkeiten, die in der vergangenen Saison der B-Ligist FC Tannheim bei einem Spiel gegen den griechischen Club FC Hellas Villingen provoziert haben soll, außerdem die Forderung der Griechen, den Gegner in eine andere Staffel zu verlegen.

Franz Kern hat außerdem klargemacht, daß er von der Gründung ausländischer Clubs nicht viel hält und ihre Spieler lieber direkt in die deutschen Vereine integriert sähe. Rund zwei Drittel der ausländischen Kicker, so Kern, haben als Jugendliche in deutschen Vereinen gespielt. Und die Funktionäre haben noch ein Argument: Im benachbarten Württemberg dürften die ausländischen Clubs am aktiven Spielbetrieb überhaupt nicht teilnehmen und nur Freundschaftsspiele austragen. Die elf Ausländervereine im Schwarzwald freilich wollen sich die Existenzberechtigung nicht bestreiten lassen und wünschen sich weiter, nicht nur gegeneinander zu spielen, sondern vor allem gegen deutsche Mannschaften. Die Entscheidung des Bezirks wollen sie so nicht akzeptieren. Giuseppe Gnisci: „Wir werden rausgeschmissen.“

Martin Reinkowski

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