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Die Anderen: Corriere della Sera / Le Monde: DDR-Flüchtlinge

Corriere della Sera

Die 'Mailänder Tageszeitung‘ meint zum gleichen Thema:

Es ist die Panik der verschlossenen Tür, die Angst, daß der letzte Autobus in den Westen abgefahren sein könnte. So bliebe nur der längere Weg offen, durch das Gebiet der toleranteren ungarischen Nachbarn, durch Tausende von Schwierigkeiten. Budapest hat zwar versprochen, die Pässe der Flüchtlinge nicht mehr zu stempeln, die in flagranti beim Versuch der Ausreise erwischt werden, um ihnen die Strafe bei der Rückkehr ins kommunistische Deutschland zu ersparen. Es bleibt jedoch die Verpflichtung für die Grenzkontrollen, die Flüchtigen zurückzuschicken, denen es dann frei steht, anderswo an der Grenze erneut einen Versuch zu starten.

Le Monde

Zu den DDR-Flüchtlingen heißt es in der linksunabhängigen 'Tageszeitung‘:

Die Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten haben sich jäh abgekühlt. Ursache des Zwists ist der seit mehreren Wochen anhaltende Zustrom von DDR-Bürgern in den Botschaften und diplomatischen Vertretungen der Bundesrepublik in Prag, Warschau, Budapest und Ost-Berlin. Diese überwiegend jungen Männer und Frauen haben nur eines im Kopf: einen Paß zu erhalten und sich rasch in der Bundesrepublik niederzulassen. Für die Flucht benutzen viele in diesem Sommer den Weg über Ungarn. Sie fahren nach Budapest in „Ferien“, bleiben ein paar Tage dort und machen sich dann ins benachbarte Österreich und nach Wien auf. Die DDR hat auf diese „Ferien“ besonderer Art noch nicht reagiert und beschränkt sich darauf, die „guten und engen“ Beziehungen zu Budapest zu bekräftigen. Aber man kann wohl darauf wetten, daß die Ostdeutschen bald nicht mehr so frei nach Ungarn reisen können wie bisher.

Während die UdSSR, Ungarn und Polen in Bewegung geraten sind, haben viele Ostdeutsche nicht ohne Grund das Gefühl, daß ihr Land in Starre verharrt. Sie fürchten sogar, daß der Knüppel zurückkehrt, falls Glasnost und Perestroika bei ihren Nachbarn scheitern sollten.

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