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Geheimprotokolle veröffentlicht

■ In Südafrika werden U-Boote nach bundesdeutschen Plänen gebaut / Fernsehmagazin „Monitor“ präsentiert geheime Dokumente und Zeugen: Bau „sehr weit fortgeschritten“ / Bundesregierung beteuert Gegenteil

Berlin (taz) - Der Skandalchronik um die Lieferung deutscher U-Boot-Pläne an Südafrika muß ein neues Kapitel angehängt werden. Das Fernsehmagazin Monitor legte in der letzten Sendung geheime Protokolle und Aussagen deutscher U-Boot -Ingenieure vor, aus denen hervorgeht, daß entgegen aller offizieller Darstellungen der Bau der hochmodernen U-Boote in der südafrikanischen Sandock-Werft schon „sehr weit fortgeschritten“ ist. Bundesregierung und Staatsanwaltschaft hatten bisher aber immer beteuert, Südafrika könne aufgrund der illegal gelieferten Pläne keinesfalls U-Boote selber bauen.

Das Magazin zitierte weiter aus einem geheimem Strategiepapier, das die südafrikanischen Geschäftspartner vorgeschlagen und die beteiligten deutschen Firmen Howaldtswerke Deutsche Werft AG (HDW) und Industriekontor Lübeck (IKL) bestätigt hätten. Darin wurde verabredet: „Mit einer geschickten Desinformationsstrategie muß der Eindruck erweckt werden, die Bauphase des Projekts sei auf unbestimmte Zeit verschoben worden. IKL und HDW sollen selektiv Einzelpersonen in der westdeutschen Regierung über die Angelegenheit informieren und ihnen versichern, daß dieser Weg gewählt worden ist, um jedes denkbare Risiko einer Enthüllung auszuschalten (...). Es muß ihnen versichert werden, daß im Gegenteil die Hoffnung besteht, die Bauphase noch zu beschleunigen.“

Im Sommer letzten Jahres hatte Südafrikas Expremier Botha drehbuchgemäß verkündet, daß sein Land auf den U-Boot-Bau verzichten werde. Nun legte Monitor Zeugenaussagen vor, die das Gegenteil beweisen: „Das erste U-Boot dieser Art ist auf der südafrikanischen Sandock-Werft bereits sehr weit fortgeschritten. Das haben mir deutsche U-Boot-Ingenieure berichtet, die im Auftrag deutscher Firmen mehrmals auf der Sandock-Werft gewesen sind, um das dortige deutsch -südafrikanische Ingenieurteam beim Bau der U-Boote zu unterstützen.“ Die Fertigung selbst soll unter der Aufsicht und Leitung des bei HDW beurlaubten Oberingenieurs Gerd Rademann vonstatten gehen. Er hat jahrelang bei HDW die U -Boot-Fertigung geleitet. Vor dem Bonner Untersuchungsausschuß hatte es dagegen geheißen, Rademann sei von der Sandock-Werft abgeworben worden und arbeite an einem Offshore-Projekt zur Erdöl- und Erdgasfördeung.

In einem vertraulichen Brief soll HDW-Aufsichtsrat Ernst Pieper schon im November 83 den damaligen Finanzminister Stoltenberg in das illegale Geschäft eingeweiht haben, das nicht nur gegen das bundesdeutsche Außenwirtschaftsgesetz, sondern auch gegen das gültige UNO-Waffenembargo verstoße: „Die Unterlagen gehen als Mikrofilme im Diplomatengepäck über die Grenze (werden dort abgeholt).“ Eine Abschrift des Briefes soll auch Außenminister Genscher erhalten haben.

Wolfgang Gast

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