BRD will Nicaragua-Hilfe wieder aufnehmen

■ Staatsminister Schäfer vom Bonner Auswärtigen Amt zeigt sich zuversichtlich über die demokratische Entwicklung in Managua / Contra-Chef Bermudez sieht keinen Grund, die Waffen niederzulegen

Managua (taz) - Wenn die Wahlen in Nicaragua so abgewickelt werden, wie es derzeit den Anschein hat, dann gibt es keinen Grund mehr, daß Bonn den Nicaraguanern weiterhin die Wirtschaftshilfe verweigert. In diesem Sinne äußerte sich Staatsminister Helmut Schäfer vom Bonner Auswärtigen Amt Freitag in Managua. Im Rahmen einer Informationsreise hatte Genschers rechte Hand in Nicaragua mit führenden Vertretern der Regierung und der Opposition gesprochen. Schäfer gab sich zuversichtlich, daß die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im kommenden Februar frei und sauber sein würden: „Nach einer solchen Wahl kann keiner mehr die Legitimität der Regierung in Zweifel ziehen.“

Schäfer war eingeladen worden, am 21. August gemeinsam mit Costa Ricas Staatschef Oscar Arias in San Jose ein neues Institut der Interamerikanischen Menschenrechtskommission einzuweihen. Ein Anlaß, auch die anderen Länder der Region zu besuchen. In Nicaragua konnte der Gast seinen Gesprächspartnern vom Obersten Wahlrat bestätigen, daß die Bundesrepublik den Wahlprozeß mit Computern und Druckmaterial im Wert von rund zwei Millionen Mark unterstützen werde. Anders als Jürgen Warnke vor zwei Monaten hat der Funktionär darauf verzichtet, den Sandinisten weitere Zugeständnisse an die Opposition abzuverlangen: „Die Opposition hätte gern noch andere Wünsche erfüllt, etwa einen eigenen Fernsehkanal.“ Doch Schäfer gibt sich zufrieden, wenn keine der bisher gemachten Zugeständnisse zurückgenommen werden. Er war überrascht, daß das Oppositionsbündnis UNO bereits eine eigene Plattform ausgearbeitet hat, äußerte allerdings Zweifel, „ob der Parteienzusammenschluß, der von den Kommunisten bis zu den Rechtskonservativen reicht, sich nach den Wahlen hält“.

Die Reise begann in Kuba, wo Schäfer unmittelbar nach dem historischen Präsidentengipfel von Tela als erstes Regierungsmitglied von Fidel Castro empfangen wurde. Der Revolutionsführer versicherte der Bonner Delegation, daß er den Friedensprozeß in Zentralamerika voll unterstütze. Der Demobilisierungsbeschluß für die nicaraguanischen Contras sei ein großer Fortschritt. Für den Staatsminister im Bonner Außenministerium war es höchste Zeit, daß „der Versuch, von außen Krieg in das Land zu tragen, beendet wird. Europa muß bei diesem Prozeß Hilfestellung leisten.“

Die jüngst verbreiteten Behauptungen, Virgilio Godoy, Chef der Unabhängigen Liberalen Partei (PLI), habe Gelder der Friedrich-Naumann-Stiftung in die eigene Tasche gewirtschaftet, hält Schäfer, der selbst im Vorstand der Stiftung sitzt, für unbegründet: „Wir haben keine Unregelmäßigkeiten feststellen können.“

Ralf Leonhard

Contra-Chef kämpft weiter

Sacramento (dpa) - Die antisandinistischen Contras sehen nach den Worten eines führenden Befehlshabers ungeachtet eines Beschlusses der mittelamerikanischen Präsidenten keinen Grund, die Waffen zu strecken. Oberst Enrique Bermudez sagte in Sacramento, man wolle abwarten, ob die Regierung in Nicaragua die Interessen der Widerstandskämpfer berücksichtige. Wie lange der Kampf ohne politische und militärische Unterstützung durch die USA weitergehen könne, wollte Bermudez nicht voraussagen. Der US-Kongreß hatte bis Februar 1990 fast 50 Millionen Dollar humanitäre Hilfe bewilligt.