: Kollaborateure der Apartheid
Eine Rugby-Weltauswahl bestreitet „inoffizielle Testspiele“ in Südafrika / Im Troß mehr Funktionäre als Spieler ■ Aus Dublin Ralf Sotscheck
Der südafrikanische Rugby-Verband feiert in diesem Monat sein hundertjähriges Bestehen. Und da man nicht gerne alleine feiert, haben die Südafrikaner eine Weltauswahl eingeladen, die morgen ihr erstes „inoffizielles Testspiel“ gegen die südafrikanische Nationalmannschaft, die Springboks, bestreitet. Manager der Weltauswahl ist der Nordire Willie John McBride, einer der besten Rugbyspieler aller Zeiten.
McBrides Teilnahme an der Rugby-Reise ins Apartheidland ist keine Überraschung. Schließlich fährt der Hüne mit dem quadratischen Kinn seit 27 Jahren nach Südafrika - genauso lange wie Nelson Mandela im Gefängnis sitzt. McBride, der inzwischen Leiter einer Bankfiliale im nordirischen Ballymena ist, behauptet dreist, daß er nicht etwa wegen des Geldes nach Südafrika fahre, sondern daß seine Besuche die Situation der schwarzen Bevölkerung verbessert hätten. Es macht ihn auch nicht weiter stutzig, daß die schwarze Bevölkerung das anders sieht. Der ANC hatte am letzten Wochenende die Spieler der Weltauswahl als „Kollaborateure mit Apartheid“ bezeichnet und sie dringend aufgefordert, wieder abzureisen.
Doch McBride hält den Auftritt in Südafrika für seine moralische Pflicht. Bei seiner Ankunft in Johannesburg sagte er: „Inzwischen kann jeder Südafrikaner in einen Rugby -Verein eintreten und den Sprung zu den Springboks schaffen. Das ist völlig unabhängig von Klassenzugehörigkeit, Hautfarbe oder Glauben.“
McBride hatte keine Probleme, ein internationales Team zusammenzukaufen. An den Spielen gegen die Springboks nehmen zehn Waliser, sieben Franzosen, sechs Engländer, fünf Australier, ein Ire und ein Schotte teil. Die Spieler haben keine Sanktionen zu befürchten, da die Südafrikareise vom internationalen Rugby-Verband genehmigt worden ist. Im Gegenteil: Es sind sogar mehr Funktionäre als Spieler nach Johannesburg geflogen. Im Gegensatz zu den Spielern haben viele Funktionäre jedoch versucht, ihre Reise geheimzuhalten. Erst im Laufe dieser Woche ist bekannt geworden, daß der Präsident des irischen Rugby-Verbandes, Ronnie Dawson, und die ehemaligen Präsidenten Jack Siggins und Harry McKibbin ihren Urlaub keineswegs an der irischen Westküste, sondern in Südafrika verbringen.
McKibbin, ein Belfaster Rechtsanwalt, sitzt seit 1978 ausgerechnet im staatlichen Ausschuß für Menschenrechte. Die Teilnahme der irischen Delegation ist von der Dubliner Regierung scharf verurteilt worden. Außenminister Gerry Collins sagte: „In Anbetracht der Tatsache, daß unser Land keine diplomatischen Beziehungen zu dem Apartheid-Regime unterhält und jegliche Verbindung mit Südafrika ablehnt, ist es besonders bedauerlich, daß der irische Rugby-Verband auf Kontakten mit Sportorganisationen dieses Landes besteht.“
Die Teilnahme der walisischen Spieler und Funktionäre an der Südafrika-Tour hat dazu geführt, daß der Präsident und der Sekretär des walisischen Rugby-Verbandes ihren Rücktritt in Erwägung ziehen. Clive Rowlands und David East, die die Einladung nach Südafrika abgelehnt hatten, sind besonders über das „klandestine Verhalten“ des Vizepräsidenten Rhys Williams erbost. Williams hatte noch 24 Stunden vor seiner Abreise beteuert, nicht nach Südafrika zu fahren. Später sagte er, daß ihn die Einladung erst in letzter Minute erreicht habe. „Die Glaubwürdigkeit unseres Verbandes steht auf dem Spiel“, sagte der wütende East auf einer Pressekonferenz im traditionsreichen Stadion „Cardiff Arms Park“.
Das Vorbereitungsspiel der Weltauswahl gegen das südafrikanische „President's Team“ ging am Dienstag in Port Elizabeth glatt verloren. Das machte McBride jedoch nichts aus. „Bis zum Spiel gegen die Springboks am Samstag haben wir noch genügend Zeit, uns vorzubereiten“, sagte er. Und fügte trotzig hinzu: „Die Rugby-Reise ist eine gute Sache.“
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