Moskau zieht die Zügel an

■ Nach Warnung an Balten auch scharfe Töne gegen Moldawien: Nationalismus gefährde Perestroika

Moskau (afp/ap) - Die sowjetische Parteizeitung 'Prawda‘ hat eine scharfe Warnung an die Führung der Moldauischen Sowjetrepublik gerichtet, wo am Vortag etwa 300.000 Menschen für einen Gesetzentwurf zur Anerkennung des Moldauischen als Amtssprache demonstriert hatten. Wenn das Parlament heute die „diskriminierenden Gesetzentwürfe“ verabschiede, dann votiere es für einen ethnischen Konflikt, für die Isolierung Moldawiens und für den Abbruch der Verbindungen mit den anderen „Bruderrepubliken“, warnte die Zeitung.

Diejenigen, die die Moldauer in den ethnischen Kampf führten, nützten die Slogans der Perestroika als Deckmantel, verfolgten aber persönliche Ziele und versuchten auf einer „Welle des Chauvinismus und des Separatismus“ an die Macht zu kommen. An der Kundgebung hatte auch der Präsident des moldauischen Obersten Sowjets teilgenommen. Es waren rumänische Flaggen zu sehen und Spruchbänder mit der Aufschrift „Legalisierung der Moldauischen Volksfront“ und „Stopp der Kolonisierung“. Einige Demonstranten trugen Porträts von Gorbatschow auf dem Rücken, auf denen zu lesen war: „Jetzt oder nie.“

Das Mitglied des Zentralkomitees der KPdSU Georgi Arbatow, langjähriger Leiter des USA-Kanada-Instituts, sagte indessen vor Journalisten in Helsinki, Extremismus in Nationalitätenfragen könne die Perestroika gefähren. Er schloß aus, daß die Erklärung zu den baltischen Staaten ohne Wissen des urlaubenden Staatschefs Gorbatschow veröffentlicht wurde. Sie war weitgehend ruhig aufgenommen worden. Einige baltische Abgeordnete beschwerten sich jedoch in einem Telegramm an Gorbatschow über Ton und Inhalt der Zurechtweisung.