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Irgendwann muß Schluß sein mit der Moral

■ Ein für die CDU katastrophales Umfrageergebnis veranlaßte Ernst Albrecht, von seinen hehren Prinzipien abzuweichen

Hannover (taz) - Angesichts seines politischen Abstiegs hat der niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht einen Grundsatz im Umgang mit den Oppositionsparteien im Landtag und auch im Umgang mit Steuergeldern über Bord geworfen, den er schon in seiner ersten Regierungserklärung einzuhalten versprochen hatte und seither immer wieder bekräftigte: Der Sprecher der niedersächsischen Landesregierung mußte gestern bestätigen, daß die Staatskanzlei im Mai dieses Jahres mit Blick auf die Europawahl eine mit Landesmitteln finanzierte Meinungsumfrage hat durchführen lassen, deren Ergebnisse „nur der Ministerpräsident persönlich“ erhalten habe.

Mit der Begründung, der Staat dürfe kein „Beutestück dieser oder jener Partei sein“, hatte Ernst Albrecht in der Anfangspassage seiner ersten Regierungserklärung im Jahre 1976 zugesichert, daß „die neue Landesregierung der Opposition das Ergebnis von Meinungsumfragen zugänglich machen wird, soweit diese aus Steuermitteln finanziert sind und die Opposition betreffen“. Seit dieser Erklärung war es in Niedersachsen zwölf Jahre lang die von Albrecht stets bekräftigte Praxis gewesen, bei Umfragen der Landesregierung die Oppositionsparteien zumindest über deren eigenen Stand in der Wählergunst zu informieren. Nach Angaben des Sprechers der niedersächsischen Landesregierung wurde in der bisher geheimgehaltenen Umfrage vom Mai, mit der sich nun Albrecht selbst Steuergelder „zur Beute machte“, erstmals auch nach den Chancen der „Republikaner“ in Niedersachsen gefragt. Die Umfrage soll mit nur noch 32 Prozent für die CDU das für Albrecht bisher schlechteste Ergebnis erbracht haben.

ü.o.

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