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Britische Gewerkschaft beschließt grüne Politik

Forderung nach einseitiger Abrüstung aufgegeben / Gutes Abschneiden der britischen Grünen bei den Europawahlen führt auch bei den Gewerkschaften zu einer politischen Umorientierung / Mehr Frauen im Gewerkschaftsvorstand - doch kein Mann mußte gehen  ■  Von Ralf Sotscheck

Dublin (taz) - Auf dem Jahreskongreß des britischen Gewerkschaftsverbandes TUC, der gestern in Blackpool zu Ende ging, sind Differenzen mit der Labour Party ängstlich vermieden worden. Vor allem in der Frage der atomaren Abrüstung ist der TUC auf Neil Kinnocks Labour-Kurs eingeschwenkt und hat die explizite Forderung nach unilateraler Abrüstung aufgegeben. Zwar wird der Verzicht auf Atomwaffen weiterhin unterstützt, doch die Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels sind nicht definiert worden. Eine andere Resolution, die von den tausend Delegierten am Dienstag einstimmig angenommen wurde, wird der Labour Party jedoch noch Kopfschmerzen bereiten. Der Kongreß forderte die Rücknahme sämtlicher Anti-Gewerkschaftsgesetze sowie juristischen Schutz vor Schadensersatzforderungen von Arbeitgebern bei ungesetzlichen Streiks. Im sozialdemokratisierten Programm der Labour Party werden diese Fragen bisher ausgeklammert, doch sie werden mit Sicherheit auf dem Labour-Parteitag im nächsten Monat zur Sprache kommen.

Das gute Abschneiden der Grünen bei den Europawahlen hat dafür gesorgt, daß umweltpolitische Fragen in Blackpool im Vordergrund standen. Während in der Vergangenheit Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen Priorität hatten, verabschiedeten die Delegierten in diesem Jahr zahlreiche Resolutionen zum Umweltschutz. Darüber hinaus erklärte sich die überwältigende Mehrheit der Delegierten, trotz der Warnung des TUC- Generalsekretärs Norman Willis vor „grünen Streiks“, mit den Hafenarbeitern solidarisch, die sich in den letzten Wochen geweigert hatten, Schiffe mit Giftmüll an Bord zu entladen. Willis sprach sich gegen „simplistische Vorstellungen“ aus, die „Wirtschaftswachstum und technologischen Fortschritt aufhalten“ würden. Um von dem Image als „Organisation von Männern mittleren Alters“ loszukommen, beschloß der TUC, die Zahl von Frauen im Gewerkschaftsvorstand zu verdoppeln. Allerdings wurden die Vorstandsposten um die gleiche Zahl erhöht, so daß die 15 Frauen im 53-köpfigen Vorstand noch immer deutlich unterrepräsentiert sind. Ein Drittel der TUC -Mitglieder sind Frauen. Kritik an der Gewerkschaftspolitik kam von dem schwarzen Delegierten Herbert Kirnon. Obwohl überdurchschnittlich viele schwarze Arbeiter gewerkschaftlich organisiert sind, gab es in Blackpool nur eine Handvoll schwarzer Delegierter.

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